Körpergedächtnis

Meine Freundin Carola erzählt mir von ihrer Körpertherapie. Durch die gezielte Fragen der behandelnden Therapeutin und dem damit verbundenen Muskeltest tauchten auf einmal Erinnerungen auf, die sie ‚vollständig vergessen’ hatte, die aber offensichtlich in ihrem Körper bewahrt waren.

Plötzlich fallen mir die Schuppen von den Augen: Unsere Erfahrungen sind gar nicht in unserem mentalen Gedächtnis gespeichert. Da unser Gehirn schöpferisch und kreativ ist, wird dort jede Erfahrung bewertet, verglichen, in bestehende Erinnerungen eingebaut – oder gelöscht. Während unsere ‚Erinnerungen‘ hier immer wieder eine neue redaktionelle Fassung erhalten, bleibt der ursprüngliche emotionale Abdruck in unserem Körper gespeichert – und zwar genau so, wie wir ihn in der Situation erlebt haben.

Wenn alle unsere Erfahrungen im Körper aufbewahrt werden, dann erscheinen körperliche Beschwerden und Symptome in einem ganz neuen Licht. Im Spiegel unseres Körpers erleben wir unsere emotionale Geschichte – und den Horizont unserer Möglichkeiten.

Seit Jahren spüre ich die Sehnsucht, an meinem Lebensende bis in jede Zelle hinein lebendig geworden zu sein… Dazu ist es wichtig, in meinem Körper wieder viel freien Speicherplatz zu schaffen – durch die Verflüssigung der im Körpergedächtnis eingefrorenen Erfahrungen.

Früher habe ich mein Denken für die größte Erkenntnisquelle gehalten.
Heute staune ich über die Weisheit meines Körpers – und das Denken dient dem intuitivem Wissen des Körpers.

Ich bin wohl – mit meinem Kopf unterm Arm – in den Körper gerutscht.

Über die Macht der Sprache

Daniel Goleman hat 1995 mit seinem Buch Emotionale Intelligenz den Grundstock dafür gelegt, dass wir 2007 so selbstverständlich über die Relevanz von Gefühlen und über emotionale Kompetenzen sprechen können.

Heute habe ich ihn als Redner bei TED entdeckt. Sein Vortrag ist auf Englisch, aber absolut sehens- und hörenswert. Wenn er über Compassion spricht, dann klingt es weder spirituell noch abgehoben… Es trägt auch keinen Geschmack von Schuld oder Scham… Es klingt nach Mitmenschlichkeit, nach Aufmerksamkeit, nach einfacher Verbundenheit unter Menschen. Wenn wir in Deutschland von Mitgefühl und Mitmenschlichkeit sprechen, dann klingen diese Worte oftmals verstaubt und weltfremd.

Manchmal verzweifle ich daran, wie abgenutzt unsere Worte sind. Wir haben eine so wunderbar vielfältige Sprache… Mit ihr können wir komplexe Empfindungen und Wahrnehmungen genau beschreiben… Mit ihr können umfassende Welterfahrungen in Worte gefasst und begriffen werden.

Doch immer wieder spüre ich den Impuls, manche Worte nicht zu nutzen, weil sie mit alten Meinungen so beschwert sind, dass sie meinem unmittelbaren Gefühl keine Flügel schenken können…

Ich liebe die deutsche Sprache. Sie schenkt mir Differenzierung und Genauigkeit. Aber manchmal macht sie mich sprachlos… Wenn wir den Wort-Raum eines Worte mit unseren Interpretationen so besetzt haben, dass es keinen freien Raum mehr für unkonventionelle Erfahrungen gibt, dann ringe ich mit den Worten und hadere mit meiner Sprache.

Kennen Sie das auch? Und wenn ja – bei welchen Worten?

Den eigenen Rhythmus entdecken

In dem noch jungen Daimler Blog schreibt Mario Jung über seine Arbeit in der Dauernachtschicht bei Daimler. Er hat gewählt, nur nachts zu arbeiten, morgens um 6 wieder nach Hause zu kommen, bis 14 Uhr zu schlafen und dann den Tag zu genießen, bis er abends gegen 10 wieder zur Arbeit geht.

Meine Schwester Astrid und ihr Mann haben die gleiche Wahl getroffen. Früher kam Thomas erst gegen 18 nach Hause. Kurze Zeit später mussten die Kinder schon ins Bett. Heute hat er den ganzen Nachmittag und Abend Zeit für seine Familie Zeit. Diese familienfreundliche Arbeitszeit genießen inzwischen alle. Und Thomas bleibt der permanente Übergang in eine andere Schicht erspart, der für seinen Körper sehr anstrengend war.

Es ist gut, wenn wir unseren Arbeitsrhythmus selber wählen können.

Arbeiter und Angestellter haben nur selten diese Möglichkeit. Doch wer als Selbständiger arbeitet, muss seinen eigenen Rhythmus finden, weil er jeden Tag über seine Zeit selber entscheidet. Das ist nicht einfach.

Auf dem Weg zu meinem Rhythmus bin ich als erstes meinen Ansprüchen begegnet und dann meinen Schuldgefühlen. Ich habe entdeckt, wie oft ich in meinem Leben auf Körperimpulse, emotionale Bedürfnisse, Wünsche und Träume verzichtet habe… Ich habe viel ausprobiert, um herauszufinden, was mir gut tut. Eine richtig gute Idee war dabei meine Einführung der Gelben Tage. Sie haben mir gezeigt, dass meine Kraft Rhythmus braucht.

Heute weiß ich, dass ich den rhythmischen Wechsel zwischen den effektiven, kreativen und regenerativen Zeiten meines Lebens brauche. Erst der Rhythmuswechsel ermöglicht mir, leicht und mühelos zu arbeiten, die Begegnung mit Anderen zu genießen und mich körperlich zu entspannen.

Was ist dein Rhythmus? Und zwischen welchen Polen wächst deine Kraft?

Körper-Weisheit: Mitmenschlichkeit entspannt

Meine jüngste Schwester ist Physiotherapeutin. Als wir miteinander telefonieren erzählt sie mir, dass immer mehr Patienten nicht mehr loslassen können. Sie kennen den Rhythmus von Spannung und Entspannung nicht mehr, der die Basis vom Gesundheit und Wohlbefinden ist. Sie fragt sich, wie ihre Körperarbeit wirken kann, wenn Menschen die körperliche Frequenz des Nehmens nicht mehr finden.

Ich spreche über die entspannende Wirkung von Mitmenschlichkeit. Über Körperkontakt, der von Herzen kommt und uns zum Weinen und zum Lachen bringt…

Ich kenne inzwischen so viele Menschen, die Jahre von Therapie hinter sich haben und dabei fast an Herz-Losigkeit erfroren sind. Sie konnten nicht spüren, dass sich der Therapeut wirklich für ihr Schicksal interessiert… Sie haben sich im Kopf – aber nicht im Herzen – verstanden gefühlt.

Mitmenschlichkeit und Warmherzigkeit sind längst nicht mehr selbstverständlich. Sie sind zu einem seltenen Heilmittel geworden…

2 Wochen später ruft sie mich an und erzählt mir von den Auswirkungen unseres Gespräches: Sie hat für ihre Patienten eine Übung erfunden: Nach jeder Sitzung bekommen sie von ihr einen Kieselstein, den sie zur nächsten Sitzung wieder mitbringen – beschrieben mit einem Wort oder einen Satz über das, was sie erfahren haben und nicht vergessen wollen. Dieser Stein kommt dann in eine Schale – zu den Steinen der anderen Patienten. So wachsen sichtbar Spuren der Dankbarkeit.

Alle heilsamen Wege sind einfach.

Dein Mut zur Mitmenschlichkeit hat mich sehr berührt, Andrea.
Danke für dein Teilen. Mit dir wächst mein eigener Mut zu unkonventionellen Wegen.

Nach dem Kaiserschnitt

Nach wie vor gehören die Auswirkungen eines Kaiserschnitts zu den tabuisierten Themen in Medizin und Psychologie. Ein nicht bearbeiteter traumatischer Kaiserschnitt führt jedoch häufig zu Krisen in der Partnerschaft. Auf der Hebammen-Fachtagung von Weleda habe ich im Oktober 2006 einen Vortrag über Emotionale Nach-Wehen nach dem Kaiserschnitt gehalten. Er ist hier in ganzer Länge zu hören.