Warum Selbstführung für Berater so wichtig ist

Ich weiß noch genau, wie Silvia Richter-Kaupp mich Anfang des Jahres anrief und mir erzählte, mit wie viel Begeisterung sie Das flüssige Ich gelesen hat. Sie wollte mich zu einem Vortrag auf ihren Coaching-Kongress Führung 2.0 einladen. Dazu hatte ich sofort große Lust. Die Weiterbildung von Coaches, Beratern und Trainern liegt mir einfach sehr am Herzen.

Am 22.6.2013 war es dann soweit. Morgens um 9.30 Uhr hielt ich den Einführungsvortrag ‚Das flüssige Ich. Warum Selbstentführung für Führungskräfte, Berater und Coaches so wichtig ist‘. Es war ein besonderes Erlebnis für mich, vor Profis zu sprechen, die Menschen tagtäglich darin unterstützen, Veränderungsprozesse bewusst zu gestalten, und dabei wissen, dass der Schlüssel zur Wirksamkeit in ihrer Selbst-Entwicklung liegt.

Ich hatte meine Aufnahmegerät dabei. Aber wie das manchmal so ist – irgendwie habe ich in der Aufregung nicht den richtigen Knopf gedrückt und dann zu hause festgestellt, dass ich nichts aufgenommen hatte.

Silvia Richter-Kaupp hatte jemanden beauftragt, den Kongress zu dokumentieren. Ich habe immer wieder gesehen, wie sie Fotos gemacht hat. Dass sie auch Video-Mitschnitte gemacht hat habe ich gar nicht bemerkt. Aber so gibt es nun ein paar Video-Sequenenzen aus meinem Vortrag. Die Qualität ist zwar nicht sehr gut, aber man bekommt zumindest einen Einblick.

Viel Freude beim Sehen und Hören:

Coaching: Aus der Box in den Raum der Möglichkeiten - Christiane Windhausen

Die Logik der Gefühle im Coaching - Christiane Windhausen

Mit der Kompetenzmatrix ins flüssige Ich - Christiane Windhausen

Warum Selbstentwicklung für Coachs und Berater so wichtig ist - Christiane Windhausen

Selbstführung als Weg der Integration

Als 2012 unser Buch erschien und wir unsere Pressemitteilungen rausgeschickt hatten, bekamen wir von der Zeitschrift Managerseminare die Anwort: Selbstführung – das interessiert uns nicht. Jetzt ist von ihnen die Ausgabe ‚Selbstführung – Der innere Lotse‘ erschienen. Innerhalb von nur einem Jahr hat sich also das Blatt gewendet…

Als wir vor 12 Jahren begannen, uns mit emotionaler Selbstführung zu beschäftigten, war das für die meisten ein ‚Fremdwort‘, mit dem niemand so recht etwas anfangen konnte. Heute gehört Selbstführung zum Standard-Repertoire eines jeden Führungskräftetrainings. Bei den zunehmenden Anforderungen eines Führungsalltags wird es immer wichtiger, sich im Umgang mit den eigenen Grenzen und Möglichkeiten, Bedürfnissen und Potentialen gut führen zu können – und dabei klar zu wissen, wohin ich mich führen möchte.

Manchmal jedoch laufen mir Schauer über den Rücken, wenn ich höre, wie Selbstführung als Führungskompetenz eingefordert wird. In der Regel wird Selbstführung hier im Sinne von Selbstkontrolle verstanden. Dann zeigt sich Kompetenz vor allem darin, wie gut jemand unerwünschte Gefühle kontrollieren und erwünschte Gefühle gezielt auslösen kann. Doch die gezielte Abwertung bestimmter Gefühle, spaltet uns in positive und negative Aspekte. In das, was veröffentlicht wird, und in das, was verheimlicht werden muss. Damit wächst die Fragmentierung unseres Selbst und der Schmerz der Spaltung. Und das verstärkt erwiesenermaßen den Stresspegel im Körper.

Für Birgit-Rita Reifferscheidt und mich war Selbstführung immer ein Weg der Integration. Uns geht es darum, Bewertungen zu verflüssigen und neue Möglichkeiten im Denken, Fühlen und Handeln ins Leben zu bringen. Mit den Jahren sind wir zu Spezialistinnen für die Selbstführung in Transformationsprozessen geworden. In unserem Buch Das flüssige Ich haben wir unser Knowhow auf kompakte Weise zusammengefasst.

Unsere Passion ist es, diejenigen zu unterstützen, die Veränderungsprozesse gestalten. Und zwar, indem sie einen lebendigen Zugang zu ihren eigenen Gefühlen entwickeln und dabei die Angst vor der Unvollkommenheit verlieren. Selbstführung heißt für für uns, die eigene Potentialentfaltung in die Hand zu nehmen – so, dass sich Transformation ereignen kann. Jeder, der sein Fühlen und Denken neu versteht, gewinnt zusätzliche Handlungsmöglichkeiten. Dabei geht es uns nicht um mehr Kontrolle, sondern um eine größere Stimmigkeit.

Dazu ist der verständige Umgang mit Gefühlen wichtig – denn die Abwehr vor Gefühlen begrenzt unsere Möglichkeiten. Selbstführung braucht auch den bewussten Umgang mit den Gedanken – denn unsere Denkmuster, Glaubenssätzen und Bewertungen halten unser Bewusstsein in alten Vorstellungen gefangen. Selbstführung beginnt im eigenen Körper – denn eine neue Beweglichkeit braucht auch neue Bewegungen. Führungsverantwortliche, die sich auf diesen Weg der persönlichen Integration begeben, erleben häufig einen Quantensprung in ihrer Wirksamkeit. Durch den flüssigen Umgang mit ihren Gefühlen ermöglichen sie Mitarbeitern und Kollegen einen kreativen Umgang mit den eigenen Grenzen.

Alle Gefühle sind wertvoll. Sie zeigen unsere persönlichen Werte, Bedürfnisse, Grenzen. Sie ermöglichen Gemeinschaft (im Team, in der Familie, in Freundschaften), aber auch Abgrenzung und Individualität. Wenn sie rundlaufen, gewährleisten sie Verbundenheit und Eigenständigkeit. Das lässt sich nur in einem bewertungsfreien Raum erlernen, in dem Schwächen als Poteniale und Unvollkommenheit als Stärke erkannt werden. Dazu braucht es Möglichkeitsräume, in denen wir erleben können, dass wir in unserem Menschsein wichtiger sind als in unserer Funktion. Dabei ist die Entfaltung unserer Potentiale ebenso wichtig, wie der effektive Umgang mit unseren Ressourcen. Mehr und mehr kann so ein Bewusstsein enstehen, in dem Kreativität und Selbstverantwortung, Individualität und Gemeinschaft Hand in Hand gehen.

Vortrag in Stuttgart: Integrative Führung und Mixed Leadership. Wege zur Umsetzung durch emotionale Selbstführung

Für den Mittwoch 30.05.2012 hat mich der EWMD zu einem Vortrag ins Arcotel Camino nach Stuttgart eingeladen.

Als ich mir die Website vom Arcotel ansehe, staune ich nicht schlecht. Dieses Hotel wird im Geiste des Jakobsweges geführt. Ich weiß noch sehr genau, was ich alles persönlich erlebt habe, als ich auf dem Camino gepilgert bin. Seit über tausend Jahren treffen Menschen auf ihrer Pilgerreise nach Santioago mit anderen Menschen zusammen und entdecken im inneren Dialog mit sich selbst neue Wege. Wenn das nicht passt…

An diesem Abend spreche ich über die Bedeutung der emotionalen Selbstführung in der Führung. Damit Kopf, Herz und Körper zusammenkommen und eine kreative Kombination von Unterschieden (zwischen Frauen + Männern, Generationen, Kulturen) möglich werden kann, ist ein selbstverantwortlicher Umgang mit Gefühlen nun mal notwendig.

Ich werde wesentliche Elemente aus unserem gerade erschienenen Buch Das flüssige Ich. Führung beginnt mit Selbstführung vorstellen. Nach einem Impulsvortrag gibt es dann die Mögklichkeit zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch.

Der Vortrag beginnt im 19.30 Uhr. Jeder Mann, jede Frau, die Lust hat dabei zu sein, kann sich mit einer Mail hier anmelden: info.stuttgart@ewmd.org.

Ich freue mich, wenn wir uns dort treffen.

Fastenzeit: Sieben Wochen ohne Scheu

Ich war früher sehr aktiv in der katholischen Jugendarbeit. Ich habe Jugendgruppen geleitet, war im Pfarrgemeinderat, bin mit Kindern in Ferien-Camps gefahren und habe mit viel Leidenschaft unsere Gemeinde mit der Kritik und den Forderungen der Friedensbewegung konfrontiert.

In dieser Zeit ist ein tiefes Gefühl für christliche Feste und Rituale in mir gewachsen. Nur mit der Fastenzeit habe ich mich nicht wirklich anfreunden können – mir erschien das Geniessen immer viel schwerer als die Askese.

Vor ein paar Tagen erzählte mir eine Freundin, dass sie zwischen Aschermittwoch und Ostern an einer Fastenaktion der evangelischen Kirche teilnehmen wird. Das Motto: Näher! 7 Woche ohne Scheu. Hier wird der Verzicht auf eine persönliche Masslosigkeit mit der Einladung zu mehr Beziehung und Berührung verbunden. Dieses Sowohl als Auch hat mich sehr angesprochen.

Einer meiner letzten Einträge hieß: Ohne Verzicht wird es nicht gehen. Nun ja – ohne mehr Nähe wird es wohl auch nicht gehen. Hier kommen beide Bewegungen zusammen. Neugierig geworden bin ich nach unserem Gespräch auf die entsprechende Website gegangen. Dort lese ich:

Unsere vernetzte Welt bietet widersprüchlichen Luxus: Kommunikation rund um die Uhr, ohne unbedingt zu wissen, mit wem; Kontakte rund um den Globus, aber nicht mit den eigenen Nachbarn… Will ich den anderen wirklich erreichen, dann ist das immer noch Handarbeit. Gemeinschaft lebt von der Begegnung – von Angesicht zu Angesicht, mit offenem Visier, ohne doppelten Boden.

Die Fastenaktion will Sie ermuntern… zum Wagnis und zum Luxus leibhaftiger Nähe. Sie will Raum schaffen… für ein Streitgespräch, einen Krankenbesuch oder eine überfällige Liebeserklärung. Für alles, was nicht in eine SMS oder E-Mail passt. ‚Näher!‘, lautet unser Lockruf, mit dem wir Sie einladen, Robinson’sche Einsamkeiten aufzugeben, Bündnisse auszuhandeln, Überraschungsbesuche zu machen, eingeschlafene Kontakte aufzuwecken und einander die Freundschaft zu erklären.

Vielleicht haben Sie ja auch Lust für ein paar Wochen auf etwas zu verzichten, was in Ihrem Leben zu viel ist… Und stattdessen jeden Tag mit einem Menschen etwas von dem zu teilen, was fehlt…

Ich bin auf jeden Fall dabei.

Krisen als Chancen zur Transformation

Mit Krisen scheint es uns so ähnlich zu gehen, wie mit traumatischen Erfahrungen. Noch vor einigen Jahren konnte man dieses Wort nicht benutzen, ohne mit psychischen Exzentrikern in einer Schublade zu landen. Inzwischen ist Trauma zu einem wertvollen Wort geworden. Es hilft uns zu verstehen, wie es Kindern geht, die im Krieg aufgewachsen sind… Wie es Menschen nach dem Tsunamie erging… Wie Eltern und Lehrer mit einem Amoklauf leben… Und wie Soldaten nach einem Kriegseinsatz weiterleben…

Inzwischen ist auch die Krise gesellschaftsfähig geworden. Und fast jeder kann sie mit persönlichen Erfahrung aus seinem eigenen Leben verbinden. Wir erleben mehr und mehr, dass Krisen uns die Möglichkeit schenken, neue Chancen zu entdecken – oder aber im Selbstmitleid zu verschwinden.

In Wachstumsphasen geht es um Ausdehnung innerhalb eines Entwicklungs-Fensters (das Wirtschaftswunder nach dem 2. Weltkrieg oder die Internetblase am Ende des letzten Jahrhunderts). In den Zeiten der Reformation kommt es dann zu notwendigen Korrekturen innerhalb dieses Prozesses. Erst wenn auf dieser Ebene alle Chancen ausgereizt sind, wird ein transformatorischer Sprung notwendig – und möglich.

Transformation ist immer mit der Verankerung neuer Werten verbunden. Damit wir sie entdecken können, braucht es im Übergang krisenhafte Erfahrungen. Durch sie lösen sich bestehenden Strukturen auf und wir hängen einfach für eine Weile in der Luft – und damit mitten in unseren Gefühlen. Im Übergang ist unsere Zukunft ungewiss – sowohl emotional wie auch existenziell.

In Krisenzeiten ist es am Besten, in das zu investieren, was bleibt – Bildung und Bindung. Eckhart von Hirschhausen hat das in der Talkshow von Johannes B. Kerner deutlich ausgedrückt. In Zeiten der Transformation trägt uns, was uns im Grunde prägt – und verändert.

Ich erlebe gerade selber, wie wichtig mir Beziehungen sind, die über viele Jahre  gewachsen sind. In ihnen finde ich Kontinuität und ein solides Fundament – mitten im Taumel der Veränderung. Nichts schenkt mir so viel Sicherheit, wie die Entwicklung meiner Persönlichkeit – und die Bindung zu den Menschen, bei denen ich mich beheimatet fühle.