Mut wächst mit dem Teilen

Heute ist einer dieser Tage: traurig, konfus, orientierungslos. Dann habe ich dieses Video mit NENA gesehen – und der Himmel ging auf.

Sie sprüht vor Kraft und Lebensfreude. Ihre Lebendigkeit steckt an, bringt mich zum Lachen, weckt mich auf. Alles, was sie hier sagt – und wie sie es sagt, wirkt für mich wie eine Ermutigungs-Medizin.

Danke fürs Teilen, NENA. You made my day!

NENA | OLDSCHOOL | Hinter den Kulissen

Frieden beginnt im Körper

Wie liebt man sich selbst? Diese Fragen hat mich viele Jahre beschäftigt. Ich bin in einer Zeit und in einer Familie aufgewachsen, in der Nächsten-Liebe ein hohes Ideal war, und Selbst-Liebe als eine Form des Egoismus galt. Inzwischen weiß ich – auch aus schmerzlichen Erfahrungen, dass Frieden immer mit Selbstannahme beginnt.

So hat mich dieses Video tief berührt und bewegt. Thich Nhat Hanh gibt auf die Frage ‚How do I love myself?‘ eine verblüffend einfache Antwort:

 First you breathe in, than be aware of your body.

Dieser stille, weise Mann aus Vietnam berührt mich. Sein Sprechen ist eine Form des Hörens. Seine Antworten entstehen im Lauschen… Bei ihm werden die großen Fragen – ganz einfach – zu einer Brücke ins Wesentliche. Er webt aus ihnen konkrete Achtsamkeits-Übungen – unmittelbar und unbeschwert.

How do I love myself?

Für ihn beginnt Selbstannahme mit dem Spürbewusstsein, mit dem bewussten Erspüren unseres eigenen Körpers. Liebe ist hier eine praktizierte Freundlichkeit mit dem, was ist – ohne Abwehr, ohne Hader.

You are made of sunshine, fresh air and fresh water. Appriciate the wonder of your body. Your body is a masterpiece of the universe, and the seed of consciousness.

Nichts trennt uns so sehr von uns selbst und anderen, wie unsere Urteile und Bewertungen. Aus ihnen entstehen Überzeugungen, die Veränderung verhindern. Sie erzeugen fixierte Spannungen in unserem Körper, die sich nicht mehr von alleine verflüssigen können. Unser Körper leidet. Dann hilft und heilt Achtsamkeit und Freundlichkeit. Sie ist für Thich Nhat Hanh die unmittelbarste Form der Liebe und der Weg in den Frieden.

Wenn wir vom Flüssigen Ich sprechen, dann meinen wir genau das: Unser mentales, emotionales und leibliches Spürbewusstsein sind so miteinander verbunden, dass die Wahrnehmungen unserer Sinne (ohne Hader) durch unser Bewusstsein fliessen können. So können sich fixierte Spannungen durch einen freundliche Achtsamkeit im Körper auflösen.

Dazu braucht es nahezu immer andere Menschen, ein wohlwollendes Gegenüber, durch und mit dem wir in empathischer Resonanz wachsen können. Jemand, der mich mit seinen Worten im Herzen bewegt – wie Thich Nhat Hanh. Oder auch jemand, der mir mit kundigen Händen den freundlichen Dialog mit meinen Körper ermöglicht. Oder eine gute Freundin/ ein Freund, mit dem das Sprechen zum Lauschen wird.

Das entspannte Ankommen im Körper wird so zu einem Tor ins empathische Mitfühlen – mit den eigenen Vorfahren, mit den Nächsten, mit der Schöpfung. Und zur Brücke in die soziale Verantwortung und ins Handeln. Wir hatten zu keiner Zeit auf diesem Planeten so viele Möglichkeiten uns gegenseitig zu unterstützen wie heute… Ich bin sehr dankbar dafür, in dieser Zeit leben und sie aktiv mitgestalten zu können.

P.S. Ich habe gerade erfahren, dass Thich Nhat Hanh (88 Jahre) mit einer Gehirnblutung im Krankenhaus liegt – und auf seine friedliche Weise mit dem Leben ringt. Beim Ein- und Ausatmen denke ich immer wieder mal an ihn. Er hat so viele Menschen mit seiner Freundlichkeit berührt… Ich bin mir sicher: Vieles von dem, was er bewegt hat, fließt nun zu ihm zurück. Möge auch diese Zeit seines Lebens für ihn friedlich gelingen.

Was uns unter die Haut geht

Manchmal brauchen wir eine Pause, um wieder zur Besinnung zu kommen. So war ich zum Jahreswechsel auf Sri Lanka: Drei Wochen Ayurvedakur – auf den Spuren unserer Tsunami-Erfahrungen von 2004

Dort bin ich plötzlich wieder in mir aufgewacht – und zu Sinnen gekommen. Ich war zutiefst erschüttert darüber, wie weit ich mich von meinem Körper und meinen Sinnen entfernt hatte. Ich hatte mich im Taumel der Wichtigkeiten verloren und war nur noch auf Autopilot unterwegs. Fassungslos erkannte ich das Ausmaß des Vergessens, dass mit meinem Funktionieren einherging… Und dabei hatte ich mir doch fest vorgenommen, immer wieder im Chaos innezuhalten, mich mit meinem Körper zu verbinden, ins Zellbewusstsein zu lauschen und den Zauber des Lebendigseins zu geniessen.

Plötzlich fällt mir der Kellner aus der Lounge in Frankfurt ein, der sich auf seinen Arm geschrieben hat: Gott gebe mir die Kraft, Dinge hinzunehmen, dich ich nicht ändern kann. Den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann. Und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Als ich ihn um ein Foto bitte, erzählt er mir, dass er nach einem Weg gesucht hat, sich selber nicht mehr zu vergessen. So hat er sich dieses Gebet auf den Arm tätowiert. Jedesmal, wenn er nun einen Gast die Hand reicht, erinnert er sich…

Ein paar Tage später treffe ich Karin. Sie hat ein ungewöhnliches Tattoo auf dem Rücken und wir kommen ins Gespräch. Sie erzählt mir, dass sie nie vergessen möchte, dass Jesus in ihrem Leben Wege findet, denen sie vertrauen kann. ‚Ich vertrau auf Jesus‘ steht daher auf ihrem Schulterblättern. Nach einigen Tagen sehr ich neben mir einen Mann mit ’silent‘ auf dem Rücken. Als ich ihn frage, was ihn bewegt hat, sich dieses Wort unter die Haut zu schreiben, sagt er: ‚Das ist mein größter Traum. So weiß ich, dass ich ihn immer im Rücken habe‘. Wir sind scheinbar alle vergesslich und suchen nach Wegen, uns zu erinnern.

Einsicht und Achtsamkeit fallen uns nicht einfach so zu. Wir müssen sie wohl immer wieder aus dem Sog des Alltags herauslösen und bewahren. Wachheit braucht Aufmerksamkeit – und Erinnerung…

Mir war es ein Rätsel, warum sich jemand tätowieren lässt. Allein die Vorstellung, dass Nadeln unter meine Haut dringen, schmerzt mich. Ich denke gleich an Franz Kafkas Erzählung In der Strafkolonie, in dem eine Machine dem Gefangenen sein Urteil so lange in die Haut einschreibt, bis er stirb.

Biologisch sind wir erstmal nur für ein durchschnittliches Leben ausgestattet. Wenn wir uns darüber hinaus entwicklen wollen, braucht es Bewusstheit, Selbst-Liebe und die Selbst-Erinnerung an gewonnene Einsichten und Entscheidungen.

Zum ersten Mal kann ich nachvollziehen, warum manche Menschen sich tätowieren lassen. Jeder von uns braucht Brücken ins Erinnern. Sie nutzen dazu ihr Tattoo. Ich vertraue auf die Erinnerungskraft meiner Freunde und baue mir Alltagsrituale. Aber der Wunsch ist der gleich: Wir wollen nicht vergessen.

 

Sich vergessen – und mich wieder erinnern

Am Ende eines vollen Jahres bin ich zum Jahreswechsel für drei Wochen nach Sri Lanka gefahren. Ich wollte am 26.12. dort sein, wo wir 2004 den Tsunmai erlebt haben. Mich hat es zu dem Ort hingezogen, an dem mir das Leben ein zweites Mal geschenkt worden ist. Ich wollte mich erinnern…

An Sri Lankas Westküste kam der Tsunami in drei großen Wellen, was uns die Möglichkeit gab, ins Landesinnere zu fliehen. Als uns die zweite Welle erwischte, hat uns ein junger Singhalese aus dem reißenden Strom hoch auf eine Mauer gezogen und uns von dort auf einen Mangobaum geholfen. Dort haben wir gewartet, bis das Wasser sich wieder beruhigt hatte und sind dann mit vielen anderen Menschen zu einem großen Buddha geflohen, der zum Tempel auf einem Berg gehörte.

Am 26.12. sind wir den Weg noch einmal abgegangen, auf den uns die Welle damals mitgenommen hat. Die Mauer ist inzwischen bewachsen, hinter ihr wird gebaut – ein Zeichen von Wachstum und Veränderuung. Der Buddha, der 2004 noch im Bau war, ist inzwischen fertiggestellt und erhebt sich weit sichtbar über das Land. Überall haben wir Menschen getroffen, die damals mit uns in der Welle waren. Wir haben zusammen gelacht und geweint. Alles war auf einmal wieder so nah… Unseren damaligen Schutzengel haben wir auch wiedergetrofffen. Er arbeitet inzwischen am Tempel und ist dort einer der Hüter der Elefanten.

Hier entsteht überall Neues, das Leben pulsiert. Auch in unserem Leben ist nach der Welle viel in Bewegung gekommen. So haben wir zum Beispiel SONNOS danach noch einmal neu ausgerichtet… und im letzten Jahr ist unser Buch erschienen.

Einen Tag lang sind wir den Spuren unser Erinnerung gefolgt. Mit jeder Etappe auf dem Weg wurde mir deutlicher, wie sehr ich mich im letzten Jahr im Funktionieren und Abarbeiten selber vergessen hatte. Ich war entsetzt, wie sehr dabei der Kontakt zu meinem Körper verloren gegangen ist – und damit auch die Quelle meiner Kreativität und Lebendigkeit. So deutlich zu spüren, wie sehr ich gelernt habe, unter Stress mich selber abzuschalten und auf Funktionieren umzuschalten, ist immer noch eine schmerzliche und sehr schamvolle Erkenntnis.

 

Doch sich wieder erinnern zu können, ist ein wahrer Segen. Damals schenkte mir die Welle ein Gefühl für den tiefen Sinn meines Lebens. Dieses Mal schenkte mir die Mauer den Weg zurück in meinen Körper – und in die pure Freude darüber, am Leben zu sein und bis in jede Zelle lebendig. Manchmal müssen wir innere Mauern einreißen (und mit alten Konditionierungen brechen), damit dieser Strom des Lebens ungehindert durch uns fliessen und wirken kann.

So widme ich dieses Jahr der Selbstliebe. Auf das mir mein Körper unvergesslich bleibt…

Was ist wirklich wichtig?

Immer wieder beschert uns das Leben Zeiten von Orientierungslosigkeit und Verwirrung. Es gibt so vielfältige Herausforderungen – die sich in der Regel auch noch alle gleichzeitig ereignen.

Mir hilft dann manchmal nur der innere Reset-Knopf: Was ist wirklich wichtig?
Mein Fazit: Alle Dinge sind einfach – und gemeinsam ist es leichter.
Was meinen Sie?

A reminder of the important things in life