Ein Vater mit Rhythmus im Blut

Bobby Mc Ferrin ist ein Musiker, der mich immer wieder neu begeistert. Jetzt habe ich erfahren, dass sein Vater (Robert Mac Ferrin) der erste afroamerikanischer Opernsänger an der Metropolitan Opera in New York war.  Er hat zusammen mit seiner Frau Debbie drei Kinder – und sie alle haben Musik im Blut.

Wer wäre ich wohl aus mir geworden, wenn mein Vater so viele Musik verkörpert hätte?

Bobby McFerrin from USA - Interview - Beatbox Battle TV

Den eigenen Rhythmus entdecken

In dem noch jungen Daimler Blog schreibt Mario Jung über seine Arbeit in der Dauernachtschicht bei Daimler. Er hat gewählt, nur nachts zu arbeiten, morgens um 6 wieder nach Hause zu kommen, bis 14 Uhr zu schlafen und dann den Tag zu genießen, bis er abends gegen 10 wieder zur Arbeit geht.

Meine Schwester Astrid und ihr Mann haben die gleiche Wahl getroffen. Früher kam Thomas erst gegen 18 nach Hause. Kurze Zeit später mussten die Kinder schon ins Bett. Heute hat er den ganzen Nachmittag und Abend Zeit für seine Familie Zeit. Diese familienfreundliche Arbeitszeit genießen inzwischen alle. Und Thomas bleibt der permanente Übergang in eine andere Schicht erspart, der für seinen Körper sehr anstrengend war.

Es ist gut, wenn wir unseren Arbeitsrhythmus selber wählen können.

Arbeiter und Angestellter haben nur selten diese Möglichkeit. Doch wer als Selbständiger arbeitet, muss seinen eigenen Rhythmus finden, weil er jeden Tag über seine Zeit selber entscheidet. Das ist nicht einfach.

Auf dem Weg zu meinem Rhythmus bin ich als erstes meinen Ansprüchen begegnet und dann meinen Schuldgefühlen. Ich habe entdeckt, wie oft ich in meinem Leben auf Körperimpulse, emotionale Bedürfnisse, Wünsche und Träume verzichtet habe… Ich habe viel ausprobiert, um herauszufinden, was mir gut tut. Eine richtig gute Idee war dabei meine Einführung der Gelben Tage. Sie haben mir gezeigt, dass meine Kraft Rhythmus braucht.

Heute weiß ich, dass ich den rhythmischen Wechsel zwischen den effektiven, kreativen und regenerativen Zeiten meines Lebens brauche. Erst der Rhythmuswechsel ermöglicht mir, leicht und mühelos zu arbeiten, die Begegnung mit Anderen zu genießen und mich körperlich zu entspannen.

Was ist dein Rhythmus? Und zwischen welchen Polen wächst deine Kraft?

Tibet 5: Gebete im Wind

Wer in den Bergen des Himalajas unterwegs ist, kommt am Tibetischen Buddhismus nicht vorbei. Die Spiritualität der Menschen entspringt hier mitten in der Natur. Sie ist in jeden Pass, in jeden Fluss, in jedes Tal eingeschrieben. Die Menschen, die in der Höhe leben, wissen, dass sie nur verbunden mit der Natur überleben können. Die chinesische Regierung hat in den 60ger Jahren versucht die kommunistische Agrarwirtschaft auf Tibet zu übertragen – Tausende von Menschen sind in dieser Zeit verhungert… Wer nicht mit der Natur lebt, wird hier von ihr vernichtet.

Bei der Umrundung des Kailash habe ich den Wind als meinen Gegner erlebt. Er war eiskalt, er saß mir ständig im Nacken oder blies mir ins Gesicht. Er zerrte unentwegt an meinen Nerven. Ich bestaune, wie sehr die einheimischen Pilger davon ausgehen, dass die Natur auf ihrer Seite ist. Sie erleben den Wind – wie jedes andere Naturelement auch – als Verkörperung des Göttlichen.

Da der Schutz des Lebens unter diesen extremen Bedingungen viel Aufmerksamkeit braucht, übergeben sie einen großen Teil der spirituellen Praxis einfach einem der fünf Elemente (Erde, Feuer, Luft, Wasser, Raum)… Mantras werden in Steine gehauen und an heiligen Plätzen niedergelegt. Wasserräder werden an einem Flusslauf angebracht sind und treiben Gebetsmühen an. Auf jedem Pass werden dem Wind Gebetsfahnen anvertraut – die verschiedenen Farben symbolisieren dabei die einzelnen Elemente und die unterschiedlichen Kräfte…

 

 

Ich lebe in Deutschland – in einem Land der Mitte. Ich liebe den Rhythmuswechsel der Jahreszeiten. Nach den Extremen der Berge habe ich die Milde unseres Windes zu würdigen gelernt. Im Vergleich zu ihnen Land ist jedes Element gnädig – vor allem, weil es sich unaufhörlich mit anderen abwechselt.

Inzwischen hängt eine Tibetische Gebetfahne auf unsere Terrasse… Das Licht der Sommersonne spielt mit den Gebeten… Der Sommerwind tanzt mit jedem Element…Manchmal kommt der Regen vorbei… Sie erinnert mich an die unvorstellbar hohen Berge, auf denen Tibet erst beginnt… Sie lehrt mich Einfachheit und Dankbarkeit…

Tibet 3: Die Entdeckung der Langsamkeit

Unsere Wanderung beginnt in den Bergen von Nepal auf 2200 Höhenmetern. Von hier aus steigen wir begauf, bis wir schließlich – 8 Tage später – bei 4100 m die Grenze nach Tibet überschreiten.

Wulf ist vor allem damit beschäftigt, uns zu entschleunigen. Wir stellen fest: wir haben keine Ahnung vom langsamen Gehen. Wir kommen mit einem Konzept von ‚Sport in die Bergen‘. Wir lassen uns von unseren eigenen Ansprüchen die Berge hinauf und hinunter jagen. Wir wissen nichts von der Rhythmuskraft unseres Körpers und überfordern ihn damit ständig.

Schließlich zieht Wulf an die Spitze unserer kleinen Karawane und gestattet niemandem ihn zu überholen. Uns wird die Langsamkeit zugemutet.

Durch die Entschleunigung erlebe ich, wie viel Raum und Richtung in einem einzigen Augenblick möglich ist. Je langsamer wir werden, umso vollständiger können wir jeden Moment erleben: Einen Schritt ganz gehen… Sich alle Zeit der Welt zu nehmen, um auf einem Stein Platz zu nehmen… Sich im Augenblick der Begegnung mit einem Menschen ganz entspannen können…

Ich finde mein Glück in der Vollständigkeit des Augenblicks.

Katsugen Undo

Mitten in einem Seminar zum Body-Mind Centering entdecke ich eine Übung zur unmittelbaren Ausdruckskraft aus der Zen-Tradition: Katsugen Undo (regenerierende Bewegungen). In dieser Übung lasse ich mich aus dem Kopf in den Körper sinken und überlasse mich für einen gesetzten Zeitraum den spontan auftretenden Körperbewegungen. Im sich anschließenden stillen Sitzen wird die vitale Schwingung des eigenen Körpergeistes spürbar. Ich erlebe, wie mein Körper über diese Bewegungen sein eigenes inneres Gleichgewicht wieder findet – ohne dass ich weiß oder wissen müsste, was geschieht.

Rhythmus und Schwingung sind ganz offensichtlich nicht bloß eine Laune der Natur, sondern eine wesentliche Bedingung von Gesundheit. Leben, das aus dem Takt gerät, macht krank. Neben dem Wissen über Form und Leere, findet sich im Zen also auch eine Weisheit über die Gezeiten des Körpers, über den eigenen Rhythmus und die innere Taktung des Lebens.

In unserer reizüberfluteten Welt brauche ich ein wachsendes Spür-Bewusstsein für die leisen Prozesses des Organismus, für die inneren Gezeiten. Alles Wesentliche lerne ich im Augenblick von der Weisheit meines Körpers. Er lebt aus der reibungslosen Teamarbeit im Dienste eines Ganzen, in den selbstverständlichen Funktionsweisen eines Netzwerkes. Für ihn ist die Unterscheidung von Eigenem und Fremden die Grundlage für Gesundheit. Schutz und Abwehr (des Immunsystems) sind hier immer eine Ausdruckform der Liebe ….

Folge ich der Weisheit meines Körpers, so weiß ich: Der Weg ins Gleichgewicht entspringt aus den Gezeiten von Ausdruck und Stille.