Coaching 2024 – Adelt euch auf mit Wissen

Als Coach und systemische Beraterin bin ich aufgerufen, mit meinen Kunden immer wieder Neues zu denken – und Unbequemes zu wagen. Dazu gehört es, Führungskräfte durch persönliche Transformationen zu begleiten – und systemische Veränderungen anzustoßen. In diesem Prozess bin ich nicht nur als erfahrene Psychonautin gefragt. Es geht auch darum, mein praktisches Wissen zu Beziehungen, systemischen Prinzipien und Veränderungsprozessen als Reflexionspartnerin mit einzubringen.

In der Weiterbildung von Coaches ist mir daher wichtig, systemisches Knowhow und persönliche Selbstentwicklung miteinander zu kombinieren. Ich möchte, dass sie ihre persönliche Geschichte als Schatz und Ressource in den Händen halten. Dass sie in der Lage sind, jedes Anliegen im Kontext von Beziehungen und Systemen zu deuten und zu wandeln. Und bei der gemeinsamen Suche nach Lösungen Selbst-Entfaltung und System-Entwicklung miteinander verbinden können.

Als ich hörte, dass der DBVC (Deutscher Bundesverband Coaching e.V.) mit Coaching 2024 ein Projekt initiiert hat, in dem es um die Qualitätssicherung von Business Coaching geht, war ich sehr gespannt, zu welchen Ergebnissen sie kommen. Ziel ist es, zukünftige Coaching-Angebote präziser auf die tatsächlichen Bedürfnisse von Führungskräften in komplexen Umbruchzeiten auszurichten. Dabei beruft sich der Coachingverband auf die Studie Gute Führung, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) angestoßen – und vom Methoden- und Beratungsunternehmen Nextpractice um Prof. Dr. Peter Kruse durchgeführt wurde. Nun gibt es die ersten Ergebnisse.

Prof. Dr. Peter Kruse versteht es, in umfassenden Systemzusammenhängen zu denken, zu forschen und zu lehren. Die Relevanz seiner Studie für eine zukünftige Coachingpraxis hat er für den DBVC nun in einem ausführlichen Video-Gespräch zusammengefasst. Zwei Videos habe ich hier ausgewählt, in denen er wichtige Ergebnisse zusammenfasst.

Business Coaches und Beraterinnen übernehmen immer auch eine systemische Verantwortung. Denn die Veränderung eines Einzelnen hat Auswirkungen auf seine Beziehungen, auf seine Gestaltung von Führung und Zusammenarbeit, auf seine Entscheidungen im Unternehmen.

Die große Bitte von Peter Kruse an alle Coaches ist daher: Adelt euch auf mit Wissen und Kompetenz. Die Menschen brauchen es. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.

Vor welchen Veränderungen und Aufgaben steht die Arbeitswelt?

ZITATE:

Coaching muss verbunden werden mit einer hochgradigen Professionalisierung.

Individualisiert das Problem nicht, denn es geht um ein Systemproblem. Gebt dem Menschen immer die Chance, über das gesamte System nachzudenken.

Resilienz, also die Fähigkeit mit Störungen umzugehen, darf kein individuelles Problem sein. Resilienz ist heute, dass wir gemeinschaftlich Lösungen für das gesamte System erdenken.

Wie leisten wir die Qualitätssicherung, die uns erlaubt, die Verantwortung zu übernehmen, die die Welt uns im Moment gibt?

Umgang mit Problemen in Coaching Situationen

ZITATE:

Die Kompetenz des Coaches: Sich mit ergebnisoffen Prozessen auskennen und sie gestalten können.

Als Coach müssen wir bereit sein, die Ratgeberrolle einzunehmen. Wir sind Ratgeber für systemische Prozesse.

Ich erwarte von einem Coach, dass er – ohne sich zu verlieren, und ohne sich in Konkurrenz zu setzen mit der Fachkompetenz des Anderen – über die Ebenen hinweg als Reflektionspartner zur Verfügung steht.

‚Adelt euch auf mit Wissen und Kompetenz‘. Wenn es um Coaching und Beratung geht, beginnt das für mich immer mit bewusster Selbst-Entwicklung. Mit dem Wissen um die Chancen und Begrenzungen der eigenen Biografie. Mit dem Mut, sich mit seiner Verletzlichkeit auszusöhnen – und sich mit der eigenen Größe zu konfrontieren. So wichtig fachliche Kompetenzen, systemische Knowhow und Methodenvielfalt auch sind – ohne einen persönlichen Entwicklungsweg bleibt Wissen oftmals verkopft und herzlos, es kann sich nicht verkörpern und seine eigentliche Wirkkraft nur partiell entfalten.

Daher braucht es – gerade für die Menschen, die Entwicklung professionell fördern – Schutzräume und Aufwachorte. Wie die SONNOS Transformationsschmiede, die ich zusammen mit Birgit-Rita Reifferscheidt ins Leben gerufen habe. Hier verwandeln wir Ihre persönlichen Entwicklungsprozesse in eine professionelle Weiterbildung. Und zwar so, dass aus Erfahrung gelebte Weisheit wachsen kann… Schauen Sie doch mal vorbei. Hier veredeln wir Wissen.

Führung als gemeinschaftlicher Suchprozess

Seit vielen Jahren erforscht Prof. Peter Kruse die gesellschaftliche Transformation, die wir alle gerade erleben. Kaum jemand versteht es so gut wie er, diesen umfassenden gesellschaftlichen Veränderungsprozess systematisch zu beschreiben. Für mich ist er einer der bedeutsamsten Komplexitätsforscher unserer Zeit. Er ist in der Lage, systemische Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen. Er ist sprachgewandt und schnell, daher schau ich mir seine Videos immer mehrmals an. Für mich wird der Inhalt dabei jedes Mal verständlicher und praktischer.

In diesem Video spricht er über das Ende der hierarchischen Führung. Die Aufgabe der Führung besteht für ihn mehr und mehr darin, einen gemeinschaftlichen Suchprozess anzuleiten. Das ist ein echter Paradigmenwechsel. Hier eine Zusmmenfassung seiner Aussagen:

  • Durch Technik und Globalisierung ist eine extrem Vernetzungsdichte entstanden. Immer mehr Menschen teilen Informationen miteinander. Es entstehen viele spontane Aktivitäten, die wiederum mit massiven Rückkopplungseffekten verbunden sind.
  •  Es gibt auf einmal so viele Einflüsse, dass wir mögliche Veränderungen nicht mehr berechnen, bedenken, vorhersagen können. So entsteht Komplexität.
  • Veränderungsprozesse verlaufen immer schneller, sodass wir gar nicht mehr in der Lage sind, dafür Regeln aufzustellen. Wir müssen der eigenen Wahrnehmung vertrauen, um spontan handlungsfähig zu bleiben.
  • Die klaren Richtlinien für Falsch und Richtig lösen sich auf, und die Frage nach unseren Werten wird wichtig. In Form eines gemeinschaftlichen Suchprozesses gilt es gelebte Antworten zu finden: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Wie wollen wir arbeiten?
  • Fazit: Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu üben, mit ergebnisoffenen (nicht kontrollierbaren) Prozessen umzugehen.
Führung wird zu einem gemeinschaftlichen Suchprozess!

Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Dennoch – es gibt bereits eine Reihe von Unternehmen, die ungewöhnliche Wege ausprobieren. Und das mit viel Erfolg. Die ARTE Dokumentation Mein wunderbarer Arbeitsplatz zeigt anhand von konkreten Beispielen aus Frankreich, dass ein gemeinschaftlicher Suchprozess großartig funktionieren kann, wenn hierarchische Strukturen aufgelöst werden und die Zusammenarbeit aller Beteiligten auf Vertrauen (statt Kontrolle) beruht.

Der Mut dieser Firmeneigentümer und Unternehmer, vorbehaltlos auf die Potenziale ihrer Mitarbeiter zu setzen, beindruckt mich sehr. Sie machen deutlich, wie viele Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, sich ganz einzubringen und gemeinsam nach kreativen Lösungen zu suchen. Voraussetzung dafür ist alledings, dass sich Hierachie in Partnerschaft wandelt. Wie sich das auf alle Beteiligten auswirkt, zeigt der Film Augenhöhe.

Hier kommen Menschen aus unterschiedlichsten deutschen Unternehmen zu Wort. In ihnen wird etwas ganz Entscheidendes anders gemacht – es wird auf Augenhöhe gearbeitet. Das bedeutet zum Beispiel, dass sich in einer Klinik sowohl die Ärzte, wie auch die Pflege, die Therapeuten und das Reinigungspersonal mit dem Unternehmen identifizieren. Hier wird deutlich, dass Augenhöhe nicht nur mehr Zufriedenheit bei allen Beteiligten bewirkt, sondern auch eine größere Nähe zum Kunden/ Patienten. Die Filmemacher wollten eine gelebte Inspiration schaffen, und das ist ihnen auch gelungen. Inzwischen macht der Film seine Runde durch Deutschland. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen, auf denen der Film zu sehen ist, und zu anschliessenden Gesprächen eingeladen wird. Vielleicht haben Sie ja Lust, an einem dieser Abend dabei zusein.

Wie entwickeln wir eine kollektive Intelligenz?

Zum ersten Mal habe ich Dr. Peter Kruse im ZDF Nachstudio gesehen. Er ist Professor für Organisationspsychologie an der Universität Bremen und Chef des Methoden- und Beratungsunternehmen Nextpractice. Mit in der Runde saßen außer ihm noch Marius Sixtus, Sascha Lobo und Dr. Astrid Herbold. Das Thema des Abends war: Information Overkill – Wie verändert das Internet unser Leben?

Ich habe gestaunt, mit welchen differenzierten Fragen Dr. Peter Kruse in seinem Unternehmen die Frage erforscht, wie sich kollektive Intelligenz entwickeln läßt und wie wir in Netzwerken Qualität gewährleisten können.

Die kollektive Intelligenz einer Talbkrunde zeigt sich für mich als allererstes in der Fähigkeit des Zuhörens… Ich bin eine sehr kritische Talkshow-Zuschauerin. Da mich eine mangelnde Bereitschaft zuzuhören und zu antworten regelmäßig aufregt, schaue ich mir selten einen Sendung ganz an. Bei dieser Sendung habe ich nicht einmal umgeschaltet. Es ist eine Wonne, wie hier zugehört und dann mit Leidenschaft geantwortet wird.

 

Dann habe ich bei Youtube ein Interview gefunden, dass Ulrike Reinhard auf der Konferenz Scope 08 The Future of Learning+Working in Heidelberg mit Peter Kruse geführt hat. Es ist bereits 2 Jahre alt, aber unglaublich aktuell… Und es gehört zum Besten, was ich in Bezug auf Netzwerkkultur bisher gelesen und gehört habe. Es sind 23 kurze Viedos, die randvoll mit Informationen sind. Jedes einzelne ist eine Inspiration. Es lohnt sich, sich Zeit zu nehmen – auch für Pausen und Wiederholungen.

Hier erst einmal etwas Persönliches von Dr. Peter Kruse

Ich finde Menschen sympathisch, die gestrauchelt sind. Wir brauchen Menschen,die Krisen aus eigener Erfahrung kennen. Krisen und Verliebtsein haben eins gemeinsam. Sie sprengen Vorstellungen und  Begrenzungen. Nur wer scheitern kann, kann wirklich erfolgreich sein. Es braucht die maximale Bereitschaft, den Schmerz der Veränderung zu tragen. Dann kann auch Vertrauen wachsen.

Und dann noch ein paar Esssenzen

  • Intelligenz ist eine Frage der Vernetzung im Gehirn. Lernprozesse brauchen Vernetzung (Technologie + Beziehung), Erregung (Aufmerksamkeit) und Bewertung (Werte).
  • Das Problem von web 2.0. ist, dass es so erfolgreich ist. Die Vernetzung klappt, die Erregung klappt – aber die Bewertung klappt noch nicht.
  • Hierarchische Systeme wollen Netzwerke verhindern, weil sie nicht zu kontrollieren sind.
  • Wir haben einen Erziehungsgeschichte, die uns zu Einzelkämpfern macht und uns beigebracht hat, nicht auf den Mehrwert eines Kollektivs zu vertrauen.
  • Wir müssen kollektive Aufgaben bewältigen, aber unsere Netzwerke sind dafür noch nicht so gut. Wir brauchen dazu ein hochintelligentes Diskurssystem.
  • Qualitätsgesicherte Prozesse sind Voraussetzung für das Funktionieren von Netzwerken. Ohne Werte fallen Systeme zurück ins Chaos.
  • Resonanzbildung in einem Netzwerk ist wichtig, damit Werte entweder empathisch oder strukturiertes wahrgenemmen werden können.
  • Intuition wächst aus einer langen Geschichte der Überforderung.

Und jetzt…

Viel Spass beim Zuhören.
Ich bin gespannt, welche Essenzen Sie für sich entdecken werden?