Am 08.11.2011 habe ich an der TU in Graz im Rahmen einer Alumni-Veranstaltungen einen Vortrag über Digitale Netzwerke gehalten. In einem vollen Hörsaal, vor Studentinnen und Dozenten zu sprechen, war für mich ein besonderes Erlebnis. Hier haben sich Psychologie und Technik die Hand gereicht.
Kommunikation
Zuhören – Sind Sie ein 18-Sekunden-Manager?
Nach einen amerikanische Studie, unterbricht ein Arzt seinen Patienten im Gespräch durchschnittlich nach 18 Sekunden. Nach Tom Peters sind auch die meisten Führungskräfte 18-Sekunden-Manager, weil sie so schlecht zuhören können.
Für ihn ist die wichtigste Führungskompetenz das Zuhören. Denn alle für die Führung wichtigen Informationen offenbaren sich, wenn wir den Mitarbeitern, den Kollegen, unseren Kunden und Partnern genau zuhören.
Strategisches Zuhören ist eine Kompetenz, die seiner Meinung nach jede Business School als erstes vermitteln sollte. Sein Tipp ist einfach: Shut up and listen!
Ich weiß noch genau, welche Erleuchtung für mich im Studium das 4-Ohren-Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun war. Ich verstand auf einmal, dass wir mit unterschiedlichen Ohren hören. Und dass wir mit der Art unseres Hörens die Qualität unserer Beziehungen gestalten.
Zuhören ist eine Kunst – und Hören will gelernt sein. Hören braucht das Interesse am Anderen, Achtung und Respekt vor seinen Erfahrungen und eine gehörige Portion Neugier auf seine Sicht der Dinge.
Persönlich habe ich Veränderungen oftmals dann erlebt, wenn mir jemand sein Ohr geschenkt hat. Im Ohr des Anderen habe ich meinen eigenen Weg gefunden…
Freiheit in der Kommunikation
Wenn sich Paare bei mir zum Paar-Coaching einfinden, dann geht es in der Regel immer auch um die Grundbausteine der Kommunikation. In Beziehungen bestehen sie zunächst einmal aus dem Grundrecht des Hörens, des Fühlens und des Sprechens.
Heute morgen habe ich mit den 5 Freiheiten die Grundwerte von Virginia Satir wieder entdeckt, die sie im Rahmen der Systemischen Therapie für Beziehungen gefordert hat. Es ist, als hätte sie die Werte auf den Punkt gebracht, die in jeder Form der Paar-Kommunikation wichtig sind. Für sie besitzt jeder Mensch in seinen Beziehungen:
Die Freiheit zu sehen und zu hören, was im Moment wirklich da ist – anstatt das, was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird.
Die Freiheit, das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke – und nicht das, was von mir erwartet wird.
Die Freiheit, zu meinen Gefühlen zu stehen – und nicht etwas anderes vorzutäuschen.
Die Freiheit, um das zu bitten, was ich brauche – anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten.
Die Freiheit, in eigener Verantwortung Risiken einzugehen – anstatt immer nur auf Nummer sicher zu gehen und nichts Neues zu wagen.
Damit hat sie mir in dem, was mir in der Arbeit mit Paaren wichtig ist, aus der Seele gesprochen. Was meinen Sie dazu?
Kippbilder: Alles hat zwei Seiten
Kennen Sie die Kippbilder? Durch einen anderen Blickwinkel wird eine alte Frau mit Hexengesicht auf einmal zu einer attraktiven jungen Frau. Oder die Drehbilder? Eine alte Frau mit Knollennase wird – auf den Kopf gestellt – zu einer Prinzessin.
Hat man sich erst einmal eingesehen, ist es gar nicht so leicht, seine Sichtweise zu verändern. Es braucht Zeit, einen offenen Geist, entspannte Augenmuskeln und einen weichen Blick. Manchmal braucht es sogar die hilfreichen Tipps von anderen, um das Andere sehen zu können.
Hinweis: Der Mund der alten Frau ist die Halskette der jungen Frau. Die Nase der alten Frau ist das Kinn der jungen Frau. Das Auge der alten Frau ist das Ohr der jungen Frau.
Bei unseren alltäglichen Beziehungsproblemen ist es genauso: Wir sehen zunächst nur eine Seite – nämlich unsere eigene. Und die halten wir für eine offensichtliche Wahrheit, für objektiv richtig und – im wahrsten Sinne des Wortes – für eindeutig.
In meiner Arbeit mit Paaren erlebe ich immer wieder, wie neue Möglichkeiten entstehen, wenn sich beide – aus Liebe – in die Schuhe des Anderen stellen und die Welt aus seiner Perspektive betrachtet.
Am Anfang steht oft die Sorge, den eigenen Standpunkt zu verlieren, wenn wir uns auf die Sichtweise des Anderen einlassen… Doch haben wir erst einmal unsere eigene Perspektive auf den Kopf gestellt, kommt das große Staunen: Unterschiede befruchten und verbinden uns – und durch die Liebe kann aus Reibung Wärme entstehen.
Hier gibt es noch mehr Kippbilder.
Blick in den Kopf – auf Bahnsteig 3
Mannheim Hauptbahnhof. Es ist 16.05 und ich warte auf meinen Zug nach Düsseldorf. Ich setze mich auf die Bank auf Bahnsteig 3 und spüre sofort, wie unangenehm kalt das Metall unter mir ist. Da sehe ich unter der Bank einen Spiegel liegen. Auf dem Deckblatt steht ‚Gesucht: Staatsfeind Steuersünder’. Das passt, denke ich, hebe das Magazin auf und setze mich darauf. Wofür unsere Steuersünder alles gut sind…
Nach einer Weile bewegt sich ein Mann in meine Richtung. Ich wundere mich noch, wie offensichtlich Isolation und Einsamkeit in seinem Energiefeld zu spüren sind, da setzt er sich neben mich. Eine Weile schweigen wir nebeneinander. Dann beginnt er unvermittelt mit lauten Selbstgesprächen. Eine ganze Tirade von Vorwürfen und Beschimpfungen macht sich neben mir breit. Er beschimpft Gott und die Welt – die Beamten, die Reichen, die Schaffner… Er hat scheinbar völlig vergessen, dass ich neben ihm sitze – oder es interessiert ihn einfach nicht.
Ich staune: Da verbringt jemand diese kostbare Wartezeit zwischen den Geschäftigkeiten des Lebens freiwillig – und ausgesprochen leidenschaftlich – mit negativen Gedanken, Hader und Ärger… Und ich darf zuhören, wie er laut denkt…
Wie viele Menschen es wohl gibt, die innerlich das gleiche tun – ohne dass wir ihre Gedanken hören können? Wie viele Menschen wohl lieber ihre Energie leidenschaftlich in den Hader stecken, als in die Chancen und Möglichkeiten ihres Lebens?
Vielleicht ist mein Optimismus ein eher ungewöhnliches Phänomen. Und vielleicht haben die meisten Menschen viel weniger Zuversicht in die Zukunft, als ich gehofft habe.
Was einem auf deutschen Bahnhöfen so alles begegnet…