Leitbilder der Führung: Jürgen Klinsmann, Steve Job und – Dorothee Echter

Es gibt viele Weisen, um sich zu entwickeln. Der Weg mit einem Leitbild ist dabei auch ein Entwicklungsweg in unsere Beziehungsfähigkeit. Bei einem Leitbild geht es nicht um die Verherrlichung von Idealen, sondern um die Fokussierung der eigenen Entwicklungsfelder. Es geht auch nicht um die Glorifizierung der ganzen Person, sondern um die gezielte Würdigung und Wertschöpfung bestimmter Fähigkeiten dieses Menschen. Auf diesem Weg lernen wir wesentliche Aspekte unserer Beziehungsfähigkeit: die Würdigung von Unterschieden… den Umgang mit Andersartigkeit… die Differenzierung von Eigenem und Anderem…

Als Leitbilder begleiten mich gerade Steve Jobs und Jürgen Klinsmann. Jürgen Klinsmann hat für mich den Gemeinschaftsgedanken und das Wissen um die Wirkkraft von Unterschiedlichkeit in die Teamführung eingeführt. Ich habe ihn als Weltmeister der Führung bezeichnet. Er hat in der Welt – bescheiden und ohne viel Selbstdarstellung – ein Symbol für das heilsame Ende unserer schuldhaften Vergangenheit gesetzt und Deutschland neu sichtbar gemacht. Steve Jobs hat sich niemals an seinen wirtschaftlichen Erfolg bei Apple verkauft. Er ist für mich ein Leitbild an Authentizität und Mitmenschlichkeit, denn er hat den Mut – auch in der Öffentlichkeit – persönlich zu sein und Unkonventionelles zu fördern. Über ihn sollte man meiner Meinung nach vor allem Folgendes wissen.

Am letzten Wochenende sind Birgit-Rita Reifferscheidt und ich nach München gefahren. Wir wollten dort einige Menschen treffen, mit denen wir uns gerne beruflich kombinieren möchten. Den Samstagnachmittag und –abend haben wir mit Dorothee Echter verbracht. Sie berät die Topmanager von Deutschland. Wir haben sie durch ihr Buch Rituale im Management entdeckt. Sie ist ein lebendes Beispiel dafür, wie sich Mitmenschlichkeit und Kompetenz ganz natürlich verbinden können.

Nach unserer unbeschwert tiefen Begegnung habe ich Dorothee Echter für mich als drittes Leitbild der Führung gewählt. Für sie zeichnet sich eine Top-Führungskraft durch hohe Intelligenz, durch große Vitalität und durch traumatische biographische Erfahrungen aus. Ein Großteil ihrer Führungskraft entwickelt sich erst aufgrund dieser schmerzlichen Erfahrungen. Somit wird aus unserem persönlichen Handicap unser größtes Talent… Sie setzt in ihrem Wirken vorbehaltlos auf die Kraft der Dankbarkeit. Ich bestaune an ihr, wie sie die psychologische Innenwelt der individuellen Führungskraft mit den allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den organisatorischen Strukturen eines Unternehmens zusammenbringt, indem sie an die optimale Passung zwischen Individuum und Unternehmen glaubt. Sie arbeitet immer in Kombination mit anderen und mit der Unterstützung eines an ihr ausgerichteten Netzwerks.

Mit ihr habe ich erlebt: Es gibt viele Menschen, die das Gleich bewirken wollen. Wir müssen nur wählen, sie zu treffen…

Wer ist eigentlich gerade dein Leitbild für Mitmenschlichkeit in der Führung?

Ich bin eine Klinsfrau

Ich stelle erstaunt fest: Jürgen Klinsmann und die WM haben mich verändert. Diese leidenschaftliche Teamkraft und Unbeschwertheit, dieses gemeinsame Ringen um das Beste, dieser glückliche Taumel von Sommer-Menschen…

All das hat in mir eine Tür geöffnet, hinter der ich lange Zeit sorgsam verborgen hielt, was mir unerreichbar schien: Meine Sehnsucht nach einer Lebensweise der Unmittelbarkeit. Nach einer Gemeinschaft voller Unterschiede, die sich durch Anteilnahme, Lebendigkeit und Verbundenheit auszeichnet. In der es keine Kultur der Trennung (durch Stolz und Neid) gibt, weil jeder weiß, dass es ohne die Anderen nicht geht – und vor allem keinen Spaß macht. Für ein paar Wochen hat dieses Gefühl uns alle wie eine Welle umspült. Unsere Sehnsucht nach Gemeinsamkeit ist endlich größer geworden als unsere Kultur der Eitelkeiten…

Jürgen Klinsmann wirkt – immer noch: Ich weiß wieder, woran ich in meinem Leben mitwirken werde… Ich erlebe die erwachte Sehnsucht wie einen Bogen, der die notwendige Spannung für meine Wirkkraft erzeugt. Manchmal zerfließe ich dabei im Strom der Gefühle… Manchmal verbrenne ich mich an meiner eigenen Leidenschaft. Es ist gar nicht so einfach, mitten im Feuer der eigenen Vision zu stehen und nicht zu verglühen…

In meiner Geschichte habe ich gelernt, meine Wahrnehmung und meine Liebe abzukühlen. Ich habe die Dinge beschwert, damit sie Tiefe bekommen…. Weil ich ihre Leichtigkeit nicht ertragen konnte, habe ich ihnen noch eine Extraportion Schwerkraft (manchmal auch Schwermut) zugefügt. Ich wollte mit ihnen bis zum Grund sinken. Ich habe lange geglaubt, nur das Schwere und Besondere stiftet Verbundenheit…

Jetzt erlebe ich, dass Leichtigkeit uns Flügel verleiht.
Jetzt spüre ich, dass Sehnsucht uns Spannkraft schenkt.
Jetzt weiß ich wieder, dass wir für Vernetzung geboren sind.

Ja, Martina: Ich bin eine Klinsfrau.

Weltmeister der Führung

Jürgen Klinsmann hat es geschafft: in Deutschland gibt es ein Leitbild für den neuen Führungsstil.

Er hat das Potential der jungen Menschen erkannt. Er führt – durch Gefühle und Körperkontakt. Er fordert – durch Fördern. Er riskiert unkonventionelle Wege – und ist darin unbestechlich. Er weiß, dass ohne Kombination und Teamgeist jede Wirkkraft kleinlich bleibt. Er redet so gut wie nie über sich selbst, aber er wird nicht müde, das Team und seine gemeinsame Kraft zu beschwärmen… Und dabei ist er in allem, was er sagt, persönlich fühlbar… Er ist einfach ein leidenschaftlicher Teil von dem, was er bewirkt…

Ich habe in der Öffentlichkeit noch nie so viele herzvolle Umarmungen gesehen… Dank seiner Wirkkraft dürfen wir uns endlich wieder emotional und körperlich verbinden – auch öffentlich. Zu seinen größten Fans gehört eindeutig unsere Bundeskanzlerin, die auf einmal unvermittelt herzlich und natürlich ihre Gefühle zeigt… und ihn umarmt. Und unser Bundespräsident, der bei jedem Interview vor Begeisterung und Freude strahlt, und pure Mitmenschlichkeit verkörpert… Vielleicht wird sich mit den beiden nun auch die Welt der politischen Entscheidungen beleben… und die langweiligen Bundestagsdebatten enden.

Ich besitze eine persönliche Wunsch-Liste. Darauf stehen Menschen, denen ich gerne begegnen würde. Jürgen Klinsmann ist jetzt meine Nummer Eins. Er verbindet Emotionalität und den leidenschaftlichen Wunsch, das Beste in jedem zu fördern und es im Team zu kombinieren. Er verkörpert für mich die Verbindung von Wirkkraft und einfacher Menschlichkeit. Er ist für mich ein Leitbild der integrativen Führung…

Viele Menschen haben in diesen Wochen erlebt, was möglich ist, wenn jemand lebt und verkörpert, was er trainiert. Von nun an wird in Deutschland wohl jede Führungskraft – bewusst oder unbewusst – an Jürgen Klinsmann gemessen. Das wird diejenigen stärken, die sich in ihrer Führung persönlich fühlbar machen, und Bescheidenheit und unkonventionelle Potentialförderung praktizieren. Und es wird die schwächen, die ihre eigenen Gefühle verbergen wollen und sie lieber ihren Mitarbeitern zum Fühlen rüber schieben.

Jürgen Klinsmann – er ist der Weltmeister der Führung… Und damit eine Sache meines Herzens.