Ich bin eine Klinsfrau

Ich stelle erstaunt fest: Jürgen Klinsmann und die WM haben mich verändert. Diese leidenschaftliche Teamkraft und Unbeschwertheit, dieses gemeinsame Ringen um das Beste, dieser glückliche Taumel von Sommer-Menschen…

All das hat in mir eine Tür geöffnet, hinter der ich lange Zeit sorgsam verborgen hielt, was mir unerreichbar schien: Meine Sehnsucht nach einer Lebensweise der Unmittelbarkeit. Nach einer Gemeinschaft voller Unterschiede, die sich durch Anteilnahme, Lebendigkeit und Verbundenheit auszeichnet. In der es keine Kultur der Trennung (durch Stolz und Neid) gibt, weil jeder weiß, dass es ohne die Anderen nicht geht – und vor allem keinen Spaß macht. Für ein paar Wochen hat dieses Gefühl uns alle wie eine Welle umspült. Unsere Sehnsucht nach Gemeinsamkeit ist endlich größer geworden als unsere Kultur der Eitelkeiten…

Jürgen Klinsmann wirkt – immer noch: Ich weiß wieder, woran ich in meinem Leben mitwirken werde… Ich erlebe die erwachte Sehnsucht wie einen Bogen, der die notwendige Spannung für meine Wirkkraft erzeugt. Manchmal zerfließe ich dabei im Strom der Gefühle… Manchmal verbrenne ich mich an meiner eigenen Leidenschaft. Es ist gar nicht so einfach, mitten im Feuer der eigenen Vision zu stehen und nicht zu verglühen…

In meiner Geschichte habe ich gelernt, meine Wahrnehmung und meine Liebe abzukühlen. Ich habe die Dinge beschwert, damit sie Tiefe bekommen…. Weil ich ihre Leichtigkeit nicht ertragen konnte, habe ich ihnen noch eine Extraportion Schwerkraft (manchmal auch Schwermut) zugefügt. Ich wollte mit ihnen bis zum Grund sinken. Ich habe lange geglaubt, nur das Schwere und Besondere stiftet Verbundenheit…

Jetzt erlebe ich, dass Leichtigkeit uns Flügel verleiht.
Jetzt spüre ich, dass Sehnsucht uns Spannkraft schenkt.
Jetzt weiß ich wieder, dass wir für Vernetzung geboren sind.

Ja, Martina: Ich bin eine Klinsfrau.

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