Als Nadine Teichgräber mit 26 Jahren die Leitung einer Kaufhof-Filiale in Köln übernahm, war sie sicherlich eine der jüngsten weibliche Führungskräfte in diesem Unternehmem. Ich habe damals sehr bestaunt, mit wie viel Selbstbewußtsein sie die ersten 100 Tage ihrer Führung gemeistert hat.
Nun habe ich sie einen Tag lang durch ihren beruflichen Alltag begleiten dürfen. Ich war neugierig, wie der Alltag einer Führungskraft in einem Kaufhaus aussieht. Ich wollte hautnah miterleben, wie eine Frau aus der nächste Generation führt und was ihr dabei wichtig ist.
In einem Interview hat mir Nadine Teichgräber anschließend erzählt, wie sehr sie ihre Kindheit in der DDR als Förderung erlebt hat. Ich spüre deutlich, dass sie mit einem anderen Frauenbild groß geworden ist als ich. Junge Frauen aus der DDR treten oft mit einem anderen weiblichem Selbstbewusstsein auf, viele von ihnen riskieren neue Erfahrungen und wagen mutige Entscheidungen.
Gestern habe ich dann in der Taz einen Artikel über die Unterschiede der Frauenbewegung in West- und in Ostdeutschland entdeckt. Mir wird plötzlich klar, wie hoch – auch nach dem Mauerfall – unseren inneren Mauern geblieben sind. Und wie wenig beide Seiten danach fragen, mit welchen Schätzen (an Erfahrungen) wir uns eigentlich verbunden haben. Im Osten gab es Neid auf den Konsum und die Freiheit. Im Westen gab es Abwertung und Überheblichkeit gegenüber der DDR.
Irgendwie ist die Wiedervereinigung vor allem zu Lasten der DDR verlaufen – und damit auf Kosten unserer gemeinsamen Gesellschaft. Es gibt so viele Lebensbereiche, in denen die DDR vorgegangen ist: In der Kombination von Berufstätigkeit und Mutterschaft, in der Integration der Jugend oder in der sportlichen Förderung .
Die Verarbeitung des 2. Weltkrieges hat bei uns erst nach 60 Jahren angefangen. Vielleicht können wir die Schätze der DDR schon nach 20 Jahren anfangen zu suchen…
Welche Schätze aus Ost und West haben Sie inzwischen gesammelt?