The Power of Combination

Die Übersetzung unserer Matrix ist in die nächste Runde gegangen. Ich hatte die letzte Version an alle beteiligten Wortfinderinnen und Übersetzer verschickt, und kurze Zeit später sind wieder inspirierende Mails bei uns eingetroffen.

Diesmal hat Elke-Maria Rosenbusch ihr ‚amerikanisches Gedächtnis‘ aktiviert. Und Cordula Rosenfeld hat mit ihrem genauen Blick für den feinen Unterschied den Feinschliff gemacht. So ist aus unserem Wort-Schatz auch in der englischen Übersetzungen eine runde Sache geworden. Herzlichen Dank an alle, die dabei – mit so viel Freude – mitgewirkt haben.

by Windhausen &  Reifferscheidt

Die Kombinationskraft ist die vierte Beziehungsbewegung in der Kompetenzmatrix. The Power of Combination entsteht nicht so sehr in uns, als vielmehr im Raum ZWISCHEN uns. In ihr kombinieren sich die Energiefelder von zwei oder mehr Personen zu einem neuen Vermögen, über das keiner der Beteiligten alleine verfügt.

Statt vorhandene Ressourcen immer wieder neu zu verbinden, können sich so unsichtbar gebliebene Potentiale zeigen und im Zusammenspiel entfalten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass alle im Team relativ flüssig mit den anderen Bewegungen umgehen können (Nehmen, Geben und Wählen). Effektivität und Wirksamkeit erleben wir dann als die selbstverständliche Folge eines gemeinsamen kreativen Prozesses.

Genau das erleben ich gerade mit der Übersetzung der Matrix. Jeder von uns bringt sich ganz ein – mit Möglichkeiten und Grenzen. Alle teilen ihre Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen – in Resonanz mit den Ideen der Anderen. Gemeinsam folgen wir einer Absicht.

So ist die englische Matrix aus purer Kombinationskraft entstanden. Es ist erstaunlich, wie leicht, anmutig und unmittelbar dieser Prozess abgelaufen ist. Das macht Lust auf mehr…

Ubuntu: Ich bin, weil es euch gibt

Einer der Menschen, die mich in meinem Leben wie ein Leuchtturm begleiten, ist Nelson Mandela. Sein unbeirrbarer Glaube an mitmenschliche Möglichkeiten und einen friedlichen Weg lässt mich immer wieder durchatmen – und dranbleiben.

Er steht für mich für die afrikanische Tradition des Ubuntu: “I am because you are.” Dahinter verbirgt sich das Wissen um eine tiefe Verbundenheit zwischen allen Menschen, mit der Natur und dem Leben. Hier gibt es keine Unabhängigkeit. Alles ist mit allem verbunden – es sei denn, wir trennen uns. Abhängigkeit wird zu einem Ausdruck von Unverbundenheit. Und Freiheit beginnt, wenn wir wissen, dass wir Teil des Ganzen sind – und dazugehören.

Experience Ubuntu

Ubuntu weiß: Ich bin, weil es euch gibt.

  • Am Anfang bedeutet das: Ohne die Gemeinschaft unserer Familie können wir
    nicht überleben.
  • In unserer Jugend heißt das: Identität finden wir im Dialog und der Auseinandersetzung mit Anderen.
  • Als Erwachsener zeigt es uns: Manche persönliche Entwickungen brauchen
    ein ganzes Dorf.
  • Als Lebewesen auf dieser Erde erinnert es uns: Nachhaltigkeit braucht die Verbundenheit mit der Natur.
  • Für die Zukunft lehrt es uns: Große Visionen gelingen nur gemeinsam (mit
    unseren Gegnern).

Ich bin aufgewachsen mit einem tiefen Entweder-Oder zwischen Individualität und Gemeinschaft. Beide waren in Konkurrenz zueinander aufgestellt: Entweder ging es um Egoismus oder um Altruismus. In meinen jungen Jahren war meine Sehnsucht nach Zugehörigkeit so groß, dass ich bereit war, auf individuelle Impulse und Eigenarten zu verzichten. Mit der Zeit ist mir dann mein Selbst wichtig geworden – wie eine Edelstein, der geschliffen werden will. Ich habe gespürt, dass sich eine Gemeinschaft nur entwickeln kann, wenn sich jeder ganz einbringt. Ganz bedeutet hier nicht perfekt, sondern: sowohl mit Stärken wie auch Schwächsen. Unsere Schwächen sind das Tor
zum Du, und unsere eigene Unvollkommenheit macht Mitmenschlichkeit und Verbundenheit möglich.

In Ubuntu verbinden sich Gemeinschaft und Individuaität auf eine Weise, die wir in Europa kaum kennen. Selbst-Entwicklung steht hier im Dienst für die Gemeinschaft. Die Frage nach dem Sinn des eigenen Lebens ist dann: Wie kann ich mit meiner Entwicklung der Gemeinschaft und dem Leben dienen?

Das motiviert Menschen zu großen Taten. Das bettet ihre Fähigkeiten ein in einen tieferen Sinn. Das gab Nelson Mandela die Kraft, 30 Jahre im Gefängnis zu sein – ohne bitter und hart zu werden. Für mich ist es der Wind unter den Flügeln. Es inspiriert mich, mich immer wieder ins Nicht-Wissen zu bewegen, und mich mit unseren ungelebten Möglichkeiten und ungenutzten Ressourcen zu verbinden.

Ich und du

Ich kann mich noch gut erinnern: Ich war 14 Jahre. Es war 10 Uhr, und wieder einmal begann die große Pause in der Schule. Aus allen Klassen stürmten Schülerinnen und Schüler auf den Hof – und mein persönlicher Albtraum be- gann. Das Kreisgymnasium in Halle (Westf.) war nicht groß, und doch erschien mir der Pausenhof wie ein unendliches Universum. Wenn ich mich über diesen Platz bewegte, war ich – bevor ich am anderen Ende ankam – mehrmals gestorben. Entfernungen schienen unendlich, Mitschüler unerreichbar, und der Raum dazwischen unüberwindbar.

1957 – also ein Jahr bevor ich geboren wurde – hat Martin Buber sein Buch Ich und Du geschrieben. Bis heute gehört dieses Buch zu meinen persönlichen Bücherschätzen. Martin Buber zählt für mich zu den Menschen, die den Raum der Begegnung mit viel Genauigkeit und Liebe ins Wort gebracht haben:

Beziehung lebt im Raum zwischen uns. Sie lebt nicht in mir und nicht in dir, nicht mal in unseren Dialog. Beziehung braucht den Raum zwischen uns, um sich zu enfalten… Dieser Raum ist heilig.

Mit 14 habe ich diesem Raum allerdings vor allem als Isolation erlitten. Ich wusste nicht, dass sich abgewehrten Gefühle (Ängste, Hilflosigkeiten, Über- heblichkeiten) im Beziehungsraum ablagern, und verhindern, dass wir Offenheit erleben. Ich wußte nicht, dass diese emotionale Verunreinigung des Raums der Grund dafür waren, warum ich mich so unverbunden fühlte.

Ich habe viele Jahre gebraucht, um meine Angst vor Kontakt zu meistern. Immer wieder bin ich innerlich den Weg über den Schulhof gegangen. Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, das zu verbinden, was in mir unverbunden war. Ich habe nach Wegen gesucht, dem Du im Anderen zu begegnen – und nicht meinen Vorstellungen von ihm. Auf diese Weise bin ich dann schließlich zu einer Expertin für Beziehungsentwicklung geworden.

Zu den großen Beziehungsexperten unserer Zeit gehören für mich Hedy und Yumi Schleifer. Seit Jahren inspiriert mich ihre tiefe Spiritualität, mit der sie den Raum zwischen uns segnen. Jede Begegnung ist für sie eine Möglichkeit dem Wunder zu begegnen.

TEDxTelAviv - Hedy Schleifer - The Power of Connection

In diesem TED-Vortrag spricht Hedy Schleifer darüber, wie viel Mut es braucht, uns auf Kontakt einzulassen. Wie für Buber entspringt auch für sie Beziehung im Raum. Nicht in mir. Nicht in dir. Nicht mal im Dialog. Sie lebt im Raum zwischen uns. Für die Erfahrung einer tiefen Begegnung müssen wir uns von uns weg, und auf den anderen zu bewegen. Sie sagt:

There are three unvisible connectors – the Space, the Bridge an the Encounter… It takes courage to be connected.

Begegnung ist nur möglich, wenn wir den Raum zwischen uns zu einem heiligen Ort werden lassen. Ganz paktisch beschreibt sie, wie wir die Brücke bauen können – vom Ich zum Du, hinein ins Wir.

Lassen Sie sich inspirieren. Ich bin mir sicher, sie weckt auch in Ihnen die Lust auf Begegnung…

GRENZEN SIND MÖGLICHKEITEN ZU WACHSEN

Wir wachsen vor allem an dem, was uns das Leben – ungefragt – zumutet. Paulo Coelho spricht mir aus der Seele:

Ich danke allen, die meine Träume belächelt haben.
Sie haben meine Phantasie beflügelt.

Ich danke allen, die nicht an mich geglaubt haben.
Sie haben mir zugemutet, Berge zu versetzen.

Ich danke allen, die mich verletzt haben.
Sie haben mich gelehrt, im Schmerz zu wachsen.

Ich danke allen, die gegen mich gewonnen haben.
Sie habe mir gezeigt auch verlieren zu können.
Vor allem aber danke ich all jenen, die mich lieben, so wie ich bin.
Sie geben mir die Kraft zu leben.
(Paulo Coelho)