Horst Köhler – Scheitern als Chance

Irgendwann zwischen 25 und 30 habe ich – nach Jahren engagierter politischer Arbeit – mit viele Resignation entschieden, dass Politik langsam, langatmig und langweilig ist.

Im letzten Jahr ist es Barack Obama gelungen, wieder meine politische Aufmerksamkeit zu wecken. Heute finde ich bei Wolff Horbach die Berliner Rede 2009 unseres Bundespräsidenten Horst Köhler.

Eigentlich finde ich politische Reden langatmig und langweilig… Aber hier berührt mich mich schon die erste Zeile zutiefst: ‚Ich will ihnen die Geschichte meines Scheiterns erzählen‘.

Für eine ganze Weile starre ich auf diesen Satz und kann es nicht glauben – Unser Bundespräsident spricht tatsächlich in aller Öffentlichkeit über einen persönlichen Scheiterprozess.

Ihm gelingt, die Weisheit unserer deutschen Geschichte zu Wort kommen zu lassen und dabei aus einer Bescheidenheit zu sprechen, die uns nur das Scheiterns lehren kann…

Das mich Politik noch einmal so berührt, hätte ich nicht gedacht.

Eine Mail aus Amerika

Gestern erhielt ich eine Mail von einem Freund aus den USA, der mir von seinen Gefühlen vor der Präsidentschaftswahl erzählt. Seit Jahren tritt er für einen demokratischen Wandel und für eine herzvolle Politik in seinem Land ein.

Ich kann mich sehr gut an jede der letzten US-Wahlen erinnern. Ich habe jedesmal vor dem Fernsehen gesessen und mitgezittert, getrauert oder gejubelt.

Bei der Wahl von Ronald Reagan (1981-1989) habe ich geweint. Ich war Mitte zwanzig und leidenschaftlich friedensbewegt. Reagan war überzeugter Antikommunist und glaubte an ein Gleichgewicht des Schreckens. Mit seiner Wahl habe ich damals gewußt, dass der Glaube an die Raketen noch für eine ganze Weile größer sein würde als die Vision einer mitmenschlichen Gesellschaft.

Bei der Wahl von Bill Clinton (1989-2001) habe ich gehofft, dass sein Kampf gegen Waffen, Drogen und Armut einen neuen Weg ermöglichen wird. Er kämpfte gegen die Staatsverschuldung und für eine allgemeine Krankenversicherung in den USA. Ihm blieben nur 4 Jahre – dann haben die Dotcom-Blase und die Lewinsky-Affäre sein Wirken als Präsident beendet.

Nach der Wahl von Georg H.W. Bush (1989-1993) und Georg W. Bush (2001-2009) war ich fassungslos, denn ich habe miterlebt, dass der Kampf gegen ausgewählte Feinde wichtiger war als Kooperation und Kommunikation.

Die Präsidentschaftswahlen in den USA waren in den letzten Jahrzehnten für mich wie ein Barometer der Welt. An ihr konnte ich ablesen, worauf sich die Aufmerksamkeit (Öffentlichkeit), das Geld (Unternehmen) und die Liebe (Menschen + Umwelt) richten werden.

Heute Nacht wird sich zeigen, ob sich mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten ein Tor in die Zukunft öffnet. Oder ob die alten Gedanken mächtiger sind – und Wandel noch Zeit braucht.

Heute Nacht werde ich wieder einmal vor dem Fernseher sitzen. Ich werde mitzittern, mitjubeln oder mitweinen.

Bist du auch da?

In jedem Handicap liegt ein Talent

Mit Faszination lese ich bei Spiegel online in dem Artikel Erfolgreich mit Autisten über ein dänisches IT-Unternehmen, das Autisten eingestellt hat und damit sehr erfolgreich arbeitet.

Der Gründer Thorkil Sonne hat selber einen autistischen Sohn und hautnah miterlebt, wie detailgenau und fehlerfrei Autisten sind – auch wenn sie im sozialen Bereich gehandicapt sind. In seiner Firma arbeiten heute 37 Autisten. Immer mehr seiner Kunden lernen, dass er viele Aufträge mit seiner Firma zuverlässiger ausführen kann als andere – gerade weil er mit Autisten arbeiten.

Felicitas Heyne beschreibt einen autistischen Jungen, der in einer lebensbedrohichen Situation gerade dadurch überlebte, dass er nicht durch seine Gefühle in Panik gerät.

Autismus ist mehr als eine Behinderung. Es ist – wie jedes Handicap – eine Begabung. Mich macht das neugierig, auf die Menschen, die etwas nicht können. Menschen mit Lernstörungen, mit Aufmerksamkeitsdefiziten, mit Behinderungen…

Mich macht es neugierig auf das, was ich nicht kann. Dort liegt – ganz offensichtlich – ein Schatz verborgen.

Der Preis Great Place to Work geht an Carpus + Partner

Gerade flattert der virtuelle Newsletter von Carpus + Partner bei mir herein – und ich bin vor Freude ganz aus dem Häuschen.

Dieses mittelständische Unternehmen aus Aachen hat gerade in Berlin den Preis für Great Place to Work – Deutschlands beste Arbeitgeber 2008 bekommen, den das Magazin Capital an die 100 Besten (aus Sicht der Arbeitnehmer) verliehen hat.

Günter Carpus steht für unkonventionelle Sichtweisen und Wege in die Zukunft, Peter Winkler verkörpert den Teamgeist und das gemeinschaftliche Wirken. Zusammen sind sie mit ihrem Unternehmen erfolgreich geworden und haben einen kooperativen Geist des Bauens ins Leben gerufen. Ich habe über die letzten Jahre immer weider bestaunt, wie sie durch ihre unkonventionellen Wegen eine Unternehmenskultur entwickelt haben, die auf Mitmenschlichkeit und partnerschaftlichen Kooperation – auch mit ihren Kunden – beruht.

Herzlichen Glückwunsch zu diesem Preis.
Ich freue mich mit euch!

Buchtipp: Ambition von Dorothea Assig + Dorothee Echter

Ich sitze im ICE nach München, 5 Stunden Fahrt liegen vor mir. Ich freu mich, denn ich kann wieder einmal ungestört in ein Buch versinken. Dieses Mal habe ich von Dorothea Assig und Dorothee Echter dabei: Ambition. Wie große Karrieren gelingen. Ich bin neugierig. Auch hier haben zwei Frauen gemeinsam ein Buch geschrieben. Und natürlich interessiert mich: Wie bringen sie ihre Erfahrungen aus jahrzehntelanger Arbeit mit Menschen aufs Papier und in die Sprache? Wie haben sie es geschafft, ihre Unterschiede miteinander zu kombinieren und zu verbinden? Und was ist daraus gewachsen?

Nach zehn Seiten haben die beiden mich in ihren Bann gezogen. Ihr Buch berührt mich. Es bewegt mich. Eine Gänsehaut nach der anderen wandert über meinen Körper. Es gibt nicht so viele Bücher, die sich beim Lesen in meinem ganzen Körper verteilen. Türen öffnen sich. Einsichten fallen mir in den Schoss. Entscheidungen wachsen oder werden neu kalibriert.

Die Autorinnen sprechen von Zugehörigkeit und Community-Kompetenz. Von Eigenwille und inneren Anliegen. Sie sprechen über positive Resonanz und Beziehung. Über den Unsinn der Kritik und die Kraft der Dankbarkeit. Über das Streben nach Vollkommenheit und den Mut zur Hingabe. Davon, dass unsere Psyche auf große Karrieren nicht vorbereitet ist, und was sie braucht, um sich zu stabilisieren.

Die Kombination der Autorinnen ist ein Segen. Auf jeder Seite ist zu spüren, wie aus ihren Unterschieden Tiefe entsteht, Raum für Individualität und Einzigartigkeit. Es ist so deutlich zu spüren, dass sie ihre Arbeit als Dienst begreifen, als eine Möglichkeit, mit vereinten Kräften die Welt ein bißchen sinnvoll zu machen – und dankbarer.

Für Bücher, die mich sehr bewegen, schreibe ich dann auch gerne eine Rezension bei Amazon. Meine Empfehlung ist: Unbedingt lesen! Wer in sein eigenes Potential hineinwachsen möchte, oder auch andere Menschen professionell auf diesem Weg begleitet, fördert und ermutigt, findet in diesem Buch einen großen Mutmacher.