Schatzsuche

Irgendwie hatte ich mich darauf gefreut, zwischen den jahren Zeit zum Aufräumen und Entrümpeln zu haben. So habe ich mich in den letzten Tagen durch eine Fülle von Ordnern gewühlt – zum Teil noch aus meinen Studienzeiten und von alten Weiterbildungen. Über Konzepte, Projekte, Team-Events und Ausbildungen, die ich gestaltet und durchgeführt habe.

Wie viel ich zusammen mit anderen bewegt hatte…
Und wie viele Menschen mich auf meinem Weg bewegt haben – manchmal nur für eine kurze Weile, manchmal für eine kleine Ewigkeit.

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Aus einem der Ordner ist mit dann plötzlich dieser handgeschrieben Zettel in den Schoß gefallen, den ich irgendwann 2009 geschrieben habe:

Ich denke gerne. Mein Geist bewohnt die Weite des Raumes und verbindet, was unverbunden ist.
Ich fühle mehr als ich denke. Wenn ich zuviel fühle, denke ich mehr. Ich liebe den Tanz dazwischen.
Ich weiß, alles ist Gnade. Manchmal weiß ich nur, dass ich nichts weiß. Das Leben führt.
Ich will immer weniger wollen. Alles wirklich wichtige begegnet mir. Jetzt.
Ich glaube, dass unsere Geschichte ein Geschenk ist. In ihr wurzelt unsere Zukunft.
Ich vertraue meiner Intuition – langsam. Ich war so weit fort. Der Weg zurück gelingt gemeinsam.
Ich empfinde mich als Körper – zuerst. Inkarnation vollzieht sich ein Leben lang.
Ich bin eine Seele, die spiegelt. Worte sind meine Flügel. Die Liebe ist der Wind, der mich trägt.

Ich hatte diese Worte vergessen, mit denen ich damals nach meinem Selbst greifen wollte.
Sie stimmen immer noch – auch wenn ich inzwischen wohl weniger greifen würde…

So wird Loslassen zum Wertschöpfen.
Und Aufräumen zur Schatzsuche.

Sich vergessen – und mich wieder erinnern

Am Ende eines vollen Jahres bin ich zum Jahreswechsel für drei Wochen nach Sri Lanka gefahren. Ich wollte am 26.12. dort sein, wo wir 2004 den Tsunmai erlebt haben. Mich hat es zu dem Ort hingezogen, an dem mir das Leben ein zweites Mal geschenkt worden ist. Ich wollte mich erinnern…

An Sri Lankas Westküste kam der Tsunami in drei großen Wellen, was uns die Möglichkeit gab, ins Landesinnere zu fliehen. Als uns die zweite Welle erwischte, hat uns ein junger Singhalese aus dem reißenden Strom hoch auf eine Mauer gezogen und uns von dort auf einen Mangobaum geholfen. Dort haben wir gewartet, bis das Wasser sich wieder beruhigt hatte und sind dann mit vielen anderen Menschen zu einem großen Buddha geflohen, der zum Tempel auf einem Berg gehörte.

Am 26.12. sind wir den Weg noch einmal abgegangen, auf den uns die Welle damals mitgenommen hat. Die Mauer ist inzwischen bewachsen, hinter ihr wird gebaut – ein Zeichen von Wachstum und Veränderuung. Der Buddha, der 2004 noch im Bau war, ist inzwischen fertiggestellt und erhebt sich weit sichtbar über das Land. Überall haben wir Menschen getroffen, die damals mit uns in der Welle waren. Wir haben zusammen gelacht und geweint. Alles war auf einmal wieder so nah… Unseren damaligen Schutzengel haben wir auch wiedergetrofffen. Er arbeitet inzwischen am Tempel und ist dort einer der Hüter der Elefanten.

Hier entsteht überall Neues, das Leben pulsiert. Auch in unserem Leben ist nach der Welle viel in Bewegung gekommen. So haben wir zum Beispiel SONNOS danach noch einmal neu ausgerichtet… und im letzten Jahr ist unser Buch erschienen.

Einen Tag lang sind wir den Spuren unser Erinnerung gefolgt. Mit jeder Etappe auf dem Weg wurde mir deutlicher, wie sehr ich mich im letzten Jahr im Funktionieren und Abarbeiten selber vergessen hatte. Ich war entsetzt, wie sehr dabei der Kontakt zu meinem Körper verloren gegangen ist – und damit auch die Quelle meiner Kreativität und Lebendigkeit. So deutlich zu spüren, wie sehr ich gelernt habe, unter Stress mich selber abzuschalten und auf Funktionieren umzuschalten, ist immer noch eine schmerzliche und sehr schamvolle Erkenntnis.

 

Doch sich wieder erinnern zu können, ist ein wahrer Segen. Damals schenkte mir die Welle ein Gefühl für den tiefen Sinn meines Lebens. Dieses Mal schenkte mir die Mauer den Weg zurück in meinen Körper – und in die pure Freude darüber, am Leben zu sein und bis in jede Zelle lebendig. Manchmal müssen wir innere Mauern einreißen (und mit alten Konditionierungen brechen), damit dieser Strom des Lebens ungehindert durch uns fliessen und wirken kann.

So widme ich dieses Jahr der Selbstliebe. Auf das mir mein Körper unvergesslich bleibt…