Michael Blochberger über Das flüssige Ich

Neulich in der Kölner Innenstadt: Nach einem gemeinsamen Termin sind Birgit-Rita und ich noch bei der Mayerschen Buchhandlung vorbeigegangen. Dort haben wir gesehen, dass inzwischen eine der Buchhändlerinnen unser Buch gelesen und mit einer Tipp-Karte versehen hat. Eine tolle Idee! Vielen Dank an Claudia Schreckenberg.

Auf dem Weg nach Hause haben wir dann wieder mal über die Rezension gesprochen, die Michael Blochberger in seinem Emotion-Blog und bei Amazon zu unserem Buch geschrieben hat. Jedes Mal, wenn ich sie lese, staune ich, wie prägnant er unser Anliegen auf den Punkt gebracht hat. Wie er auch das im Buch aufgespürt hat, was sich nur zwischen den Zeilen finden lässt… Seine Worte  sind pure Wertschöpfung. Unsere Freude am Teilen wächst. Doch lesen Sie selbst:

Ehrlich gesagt, ich wusste den Titel dieses Buches zunächst nicht einzuordnen. Es war die hochwertige und ästhetische Aufmachung, die mein Interesse weckte und mich dazu verführt hat, den Inhalten dieses Werkes auf den Grund zu gehen. Was mich beim Lesen dann schnell überzeugte, war das komplexe Bewusstsein und die ganzheitliche Sichtweise der beiden Autorinnen.

Christiane Windhausen und Birgit-Rita Reifferscheidt haben hier mehr geschaffen als ein Handbuch für Führungskräfte. In acht Kapiteln proklamieren sie ein gesellschaftspolitisches Manifest für Menschlichkeit, Veränderungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein an die Führungselite von morgen:

Beginnend mit dem Transformationsmodell erklären sie die Notwendigkeit persönlicher und gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse. Sie zeigen auf, in welch grundlegenden Veränderungsprozessen unsere Welt in vielen Bereichen steckt, beschreiben unsere Angst vor Veränderung und die Notwendigkeit von Krisen, um uns neue Dimensionen der Entwicklung erschließen zu können. Auf der Basis neuster, vor allem neurowissenschaftlicher Erkenntnisse erfahren wir von dem wachsenden emotionalen Bewusstseins in Wirtschaft, Politik und Führung.

Der Weg zum Flüssigen Ich wird als Weg zu einem kollektiven Bewusstsein beschrieben, das durch Selbsterfahrung, psychologischem Verständnis, ganzheitlichem Denken, Empathie und Kooperationsbereitschaft entsteht. Hier zeichnen die Autorinnen ein Ideal, das Egoismus, Materialismus und Sinnlosigkeit heutiger Prägung überwinden hilft, um zu einer globalen Identität zu finden.

Im Weiteren werden wir über die Logik der Gefühle aufgeklärt und ihre Beziehung zu Geist und Körper. Und hier wird das „Flüssige Ich“ für mich erstmalig greifbar in der emotionalen Fühlbarkeit, der mentalen Klarheit und der körperlichen Präsenz eines Menschen – das, was wir als Authentizität oder  als emotionale Kompetenz einer Person beschreiben: das ganzheitlich stimmige Ich eines Menschen.

Wie das zu erreichen ist, darüber machen die Autorinnen keinen Hehl: Führung, Verantwortung tragen und Richtungen vorgeben beginnt mit Selbstführung und das heißt, die Komplexität des eigenen Ichs auf allen Ebenen – nämlich mental, emotional und körperlich – zu entwickeln. In einer zwölfteiligen Kompetenzmatrix bieten sie eine logisch strukturierte Übersicht zur Selbstreflexion an und liefern anschließend zu allen Kompetenzfeldern eine Vielzahl von Übungen zur Selbsterfahrung und Persönlichkeitsentwicklung.

Zum Ende des Buches schließt sich wieder den Kreis vom „Flüssigen Ich“ zum „kreativen Wir“ und damit zur gesellschaftspolitischen Notwendigkeit von Persönlichkeitsentwicklung und einer offenen Form von Führung. Ein Buch, das in seiner Komplexität beeindruckend logisch und verständlich geschrieben ist, wozu eingängige Modelle, farbige Grafiken und zahlreiche „Infoboxen“ ihren Teil beitragen.

Wer in verantwortlicher Position nach Lösungen für sich und die Gesellschaft sucht, der wird in diesem Werk sowohl Information wie Inspiration finden. Für mich ein wirklich ‚flüssiges‘ Buch!

Jeremy Rifkin: Die Empathische Zivilisation

Jeremy Rifkin ist mir dadurch aufgefallen ist, dass er als Amerikaner so viel Augenmerk auf die historische Entwicklung des europäischen Bewusstseins hat, und auf unseren – seiner Meinung nach – wichtigen Beitrag für die globale mitmenschliche Zukunft. Nun ist sein neustes Buch Die empathische Zivilisation erschienen.

Ich habe mich über einige ziemlich polemische Artikel über dieses Buch gewundert, denn ich kenne Rifkin als einen intelligenten und differenzierten Autor.

Schließlich wollte ich es wissen, habe mir das Buch gekauft und es selber gelesen. Als ich einmal mit dem Lesen angefangen hatte, konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen.

Rifkin beschreibt auf anschauliche Weise die Reise der Menschen zu einem empathischen Bewusstsein. Seine Sicht auf die menschliche Geschichte und auf die Entwicklung unserer Gefühle hat mich sehr inspiriert.

Hier ein paar Essenzen aus dem Buch:

  • Die Evolutionsgeschichte der Menschen lässt sich als eine Entwicklungs-geschichte der Empathie lesen.
  • Ohne die Entwicklung von Sprache und Schrift wäre Selbst-Bewusstsein und Empathie, wie wir es heute kennen, nicht möglich.
  • Empathie wächst durch Bindung und Beziehung. Sie wird erst durch Introspektion und Selbstreflexion möglich.
  • Das Christentum hat eine große empathische Bewegung ausgelöst.
  • Dass Eltern, Erziehung und Bildung für die Persönlichkeitsentwicklung von Kinder eine große Rolle spielen, ist eine relativ junge historische Erkenntnis.
  • Um uns empathisch weiterzuentwickeln, brauchen wir neue Wege der Energieversorgung, die Möglichkeit der vernetzten Kommuniktation und ein Bewusstsein für unsere Verbundenheit mit der gesamten Biosphäre.
  • Die empathische Erweiterung unseres Selbst macht immer komplexere gesellschaftliche Interaktionen und Infrastrukturen möglich.
  • Für die Entwicklung von Empathie braucht es verkörperte Erfahrungen. Mit dem Ende des Patriarchats entdecken wir die Bedeutung des Körpers für unsere mitmenschlichen Beziehungserfahrungen.

Ich finde, jeder Berater, jeder Lehrer oder Erzieher, jeder Unternehmer, jeder Politiker, der an unsere emotionale Intelligenz glaubt, sollte dieses Buch lesen.
Erstaunlich, dass es in unserem Land nur so wenig positive Resonanz zu einem Buch über die Geschichte der empathischen Beziehungsfähigkeit gibt.

Sind wir wirklich immer noch nicht so weit?