Schatzsuche

Irgendwie hatte ich mich darauf gefreut, zwischen den jahren Zeit zum Aufräumen und Entrümpeln zu haben. So habe ich mich in den letzten Tagen durch eine Fülle von Ordnern gewühlt – zum Teil noch aus meinen Studienzeiten und von alten Weiterbildungen. Über Konzepte, Projekte, Team-Events und Ausbildungen, die ich gestaltet und durchgeführt habe.

Wie viel ich zusammen mit anderen bewegt hatte…
Und wie viele Menschen mich auf meinem Weg bewegt haben – manchmal nur für eine kurze Weile, manchmal für eine kleine Ewigkeit.

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Aus einem der Ordner ist mit dann plötzlich dieser handgeschrieben Zettel in den Schoß gefallen, den ich irgendwann 2009 geschrieben habe:

Ich denke gerne. Mein Geist bewohnt die Weite des Raumes und verbindet, was unverbunden ist.
Ich fühle mehr als ich denke. Wenn ich zuviel fühle, denke ich mehr. Ich liebe den Tanz dazwischen.
Ich weiß, alles ist Gnade. Manchmal weiß ich nur, dass ich nichts weiß. Das Leben führt.
Ich will immer weniger wollen. Alles wirklich wichtige begegnet mir. Jetzt.
Ich glaube, dass unsere Geschichte ein Geschenk ist. In ihr wurzelt unsere Zukunft.
Ich vertraue meiner Intuition – langsam. Ich war so weit fort. Der Weg zurück gelingt gemeinsam.
Ich empfinde mich als Körper – zuerst. Inkarnation vollzieht sich ein Leben lang.
Ich bin eine Seele, die spiegelt. Worte sind meine Flügel. Die Liebe ist der Wind, der mich trägt.

Ich hatte diese Worte vergessen, mit denen ich damals nach meinem Selbst greifen wollte.
Sie stimmen immer noch – auch wenn ich inzwischen wohl weniger greifen würde…

So wird Loslassen zum Wertschöpfen.
Und Aufräumen zur Schatzsuche.

Benjamin Button – Am Ende gehts ums Loslassen

Ganz spontan haben wir uns entschieden, am Wochenende ins Kino zu gehen und uns Benjamin Button anzusehen. Der Vorraum ist rappelvoll und an der Kasse stehen lange Schlangen von Menschen. Geduld ist angesagt, wir versorgen uns mit Popcorn und um 21 Uhr sitzen wir endlich im Kino – just in time. Der Film beginnt.

Dann verschwinde ich für zweieinhalb Stunden in einer anderen Zeit. Dieser Film ist voller Poesie und voller Gefühle, die sich nicht so leicht einordnen lassen – einfach weil sie unsere üblichen Sehnsüchte nicht bedienen. Der seltsame Fall des Benjamin Button beginnt und endet jenseits unserer Vorstellungen.

Oder haben Sie schon einmal davon geträumt, sich in jemanden zu verlieben, der als alter Mann geboren und mit jedem Lebensjahr jünger wird – während Sie in die andere Richtung unterwegs sind? Haben Sie sich schon einmal danach gesehnt, jemanden zu lieben, mit dem Sie am Anfang und am Ende durch vier Generationen Lebenszeit getrennt und verbunden sind? Dieser Film ist voller Zärtlichkeit für die Einzigartigkeit jedes menschlichen Lebens. Er erinnert daran, dass es im Leben immer ums Loslassen unserer Vorstellungen geht – vor allem über die Liebe.

Er ist auch ein technisches Meisterwerk: schauspielerische Glanzleistungen, eine Maske mit viel Liebe zum Detail und eine fantastische Trickanimation sind so kombiniert, dass Lebensnähe und Natürlichkeit entstehen und ich zwischendurch völlig vergesse, dass ich im Kino sitze.

Am Ende des Films steht kaum jemand auf… Es ist still im Zuschauerraum. Es gibt Filme, bei denen wir einfach die Zeit des Nachspanns brauchen, um wieder einen Zugang in unser eigenes Leben zu finden. Vielleicht ist der Nachspann eines Films ja Ausdruck puren Mitgefühls für die Zuschauer…

Seitdem schleichen sich die Eindrücke dieses Films Nacht für Nacht in meine Träume. Sie wühlen mich auf. Sie berühren mich zärtlich. Und sie formatieren Spuren in mir – Spuren, die mir Mut machen, in den Verrückheiten des Lebens einen Ausdruck der Liebe zu entdecken.

Für jeden, der Lust auf ein ungewöhnlich zärtliches Filmerlebnis hat – und natürlich auf inspirierende Träume – ist dieser Film einfach ein Himmelsgeschenk.