Familienkonferenz im Netz

Heute morgen fand ich bei der Zeit den Artikel Rafi ist online. Darin beschreibt ein Vater (und Journalist), wie seine gesamte Familie gelernt hat, mit dem Internet zu leben. Beim Lesen ging mir das Herz auf – und ich sass die ganze Zeit schmunzelnd vor dem Bildschirm.

Es ist erstaunlich, mit wie viel Spaß der Wechsel ins Informationszeitalter gelingt, wenn Eltern vorgehen und mitgehen.

Was wir nicht alleine schaffen…

Ich bin im Auto unterwegs. Im Radio läuft mein persönlicher Favorit unter den Sendern – WDR 5. Am frühen Nachmittag: Lilipuz – Das Radio für Kinder. Ein Mädchen ist am Telefon und hat einen Musikwunsch: Was wir alleine nicht schaffen – von Xavier Naidoo. Ich singe begeistert mit und lasse mich von den Rap-Frequenzen bewegen. Ich kann es kaum glauben: Ein 10-jähriges Mädchen hat sich diesen Text gewünscht.

Anschließend erzählt der Redakteur, dass dieses Lied zu den am häufigsten gewünschten Songs bei Lilipuz gehört.

Die jungen Generationen wissen es also längst: Die Zeit der einsamen Wölfe ist vorbei. Alles was jetzt wirkt, ist gemeinsam bewirkt. Beim Fahren wachsen mir Flügel der Freude.

Ich bin in den 50gern geboren. Die meisten meiner Generation haben gelernt, zu beweisen, dass sie niemanden brauchen. Dieser Stolz – gepaart mit Neid – hat uns Jahrzehnte von Konkurrenz und Isolation beschert. Für viele, die nach dem Krieg geboren sind, bedeutet das Eingestehen von Schwächen und das Bitten um Hilfe einen emotionalen Super-Gau. Die Beweiskraft, die uns geprägt hat, hat uns getrennt – vor allen von den Generationen vor uns und nach uns.

Bei den Jungen erlebe ich eine große Selbstverständlichkeit im Umgang mit den eigenen Handicaps. Sie wissen, was sie nicht können – manchmal zu gut. Sie können gut um Hilfe bitten. Wenn sie jemanden finden, der sich von Herzen für sie interessiert, verbinden sie sich und lernen schnell – von ihm und am liebsten mit ihm. Sie achten die Erfahrungen der Älteren und verfügen über das Selbstvertrauen, sie mit ihren eigenen Fragen zu inspirieren.

Für sie und mit ihnen ist generationsübergreifendes Lernen möglich – in beide Richtungen. Jetzt kommt es darauf an, ob wir die Chance zur Kombination nutzen.

Was wir nicht alleine schaffen, schaffen wir dann zusammen.

Ich bin vor Freude völlig aus dem Häuschen: Endlich sind wir reif für das, wovon ich immer getr äumt habe.

Beziehungen im 21. Jahrhundert

Kriege traumatisieren bis in die 3. Generation, denn sie verändern den Umgang mit unseren Gefühlen. So hat die Geschichte des 19. Jhd. große Auswirkungen darauf, wie wir heute Beziehungen leben. Wir leben in einer Zeit, in der Veränderung überall und ständig geschieht. Wer sich mit dem Strom der Zeit bewegen möchte, muss beweglich werden. Jedes Paar steht heute vor der Aufgabe, gemeinsam einen eigenen Weg zu finden und zu gehen. Wer in diesen Zeiten beziehungsfähig werden möchte, braucht einen neuen Umgang mit den Gefühlen. Diesen Vortrag habe ich im März in Kiel gehalten. Er ist in ganzer Länge zu hören.

Wenn Großväter sprechen

Walter Holzer ist über 80 und erzählt in seinem Blog immer mal wieder aus seinen Erfahrungen im 2. Weltkrieg. Ich sitze jedes Mal gebannt vor dem Bildschirm… Seine Worte berühren mich tief.

Mein Großvater wurde 1911 geboren. Er war – Gott sei Dank – nie ein Soldat. Mein Großvater hat immer erzählt: Wenn er eingezogen worden wäre und Menschen hätte töten müssen, hätte er sich umgebracht. Doch das Leben war gnädig mit ihm: seine Fähigkeiten wurden in der Waffen-Industrie gebraucht.

Er war der uneheliche Sohn eines Gutsherren-Sohns und einer Magd. Er war ein Schande, ein Makel und wuchs wie ein Stück Vieh bei den Schweinen auf. Er war ein Casper Hauser. Aus ihm ist ein stiller Pazifist geworden. Das Leben mit den Menschen hat er nie gelernt und nie geschätzt. Er blieb menschenscheu. Erst seine Frau hat ihm den Weg in die Welt gezeigt. Erst mit seinen Urenkeln hat er das Lieben gelernt.

Am Ende seines Lebens verlor er erst seine Sprache und dann sein Gedächtnis. Er hat mir manchmal davon erzählt, wie er nachts von alten Erinnerungen heimgesucht wurde, obwohl er sich geschworen hatte, sie zu vergessen. Am Ende musste er die Ängste und die Verlorenheit seiner Kindheit noch einmal durchleiden – weil er sie zu Lebzeiten nicht teilen konnte.

In dir Walter erlebe ich einen Großvater, der sich erinnern will.
Ich liebe alle deine Gedanken, weil sie immer aus Geschichte gewoben sind… Danke dass du teilst, was dich bewegt.

Deine Worte segnen das Leben meines sprachlosen Großvaters und geben ihm einen Sinn.

Leben und Arbeiten in der Zukunft

Nach wie vor werden Tausende aus ihrer Arbeit entlassen. Gleichzeitig wird denen, die Arbeit haben, soviel davon aufgebürdet, dass sie kaum zum Leben kommen. Viele Jugendliche streben nach einem ‚perfekten Lebenslauf’ – ohne dass sie ihre persönlichen Vorlieben kennen. Gleichzeitig werden jedoch zunehmend Führungskräfte mit einer brüchigen Biographie gesucht.

Der subjektiv erlebte Leistungsdruck ist inzwischen so groß, dass wir weder das Leben noch unser Arbeit genießen können.

Die gewohnte Sicherheit einer lebenslangen Festanstellung wird es in Zukunft nicht mehr geben. Es gab in der Geschichte noch nie so viel Notwendigkeit und Spielraum für Quergedachtes. Für die Entwicklung von wirksamen Veränderungsstrategien sind inzwischen gerade Unkonventionelles und Kombiniertes wichtig geworden.

Einen Buisness-Blog für diese Querdenker hat Elita Wiegand ins Leben gerufen. Seit 2 Wochen haben sie eine neue Kategorie eingeführt: Leben und Arbeiten in der Zukunft. Hier werden Arbeitsformen vorgestellt, die ungewöhnlich sind – ohne eigenbrötlerisch zu sein.

Mich begeistert diese Entwicklung. Sie schenkt uns die Möglichkeit, dem zu folgen, was uns am meisten inspiriert, zu teilen, was wir am besten können und uns in dem zu kombinieren, was uns fehlen.

Ich freue mich sehr auf das Buch: Wir nennen es Arbeit. Es fühlt sich an wie ein guter Start in die neuen Sichtweisen für 2007. Danke für deinen Tipp.