Musik ist so mächtig wie die Liebe

Ich habe gerade bei TED ein wirklich bemerkenswertes Video gesehen. Emmanuel Jal gehörte zu den Kindersoldaten, die im Sudan eingesetzt worden sind. Nach 5 Jahren im Krieg wird er verletzt, von europäischen Entwicklungshelfern gerettet und lernt Emma Cun kennen. Sie führt ihn in die Welt der Musik und schenkt ihm damit einen Weg in die Liebe. Heute ist er ein Hip-Hop-Star und kämpft mit seiner Musik für die Kinder in Kriegsgebieten. Bei TED erzählt er seine Geschichte – und singt sein Lied.

Ich finde es unglaublich, welche Kraft ihm ein einziger Mensch und die Musik geschenkt haben. Durch Emma Cun hat er angefangen, seine eigene Geschichte zu besingen. Heute kämpft er für die Finanzierung für Schulen im Sudan. Bildung ist für ihn das wichtigste Mittel gegen Hass und Rache. Nur wer lesen und schreiben kann und einen Zugang zum Internet hat, kann seine eigene Stimme beschützen und sich ausdrücken. In einem Interview sagt Emannuel Jal: Education empowers people. Education will enlighten the world.

Als ich Mitte 20 war, habe ich mich für unsere nationalsozialistische Geschichte geschämt. Heute bin ich immer wieder schockiert und peinlich berührt, wenn deutlich wird, dass wir in der internationalen Gemeinschaft nun wirklich kein leuchtendes Beispiel für eine innovative Bildungspolitik sind.

Und dass, obwohl wir doch aus eigener Erfahrung wissen sollten: Gefühle sind manipulierbar – vor allem bei fehlender Bildung. Angst macht dumm – und Kriege werden nun einmal aus Angst geführt.

Ich würde wirklich gerne Emma Cun kennen lernen.

Leadership matters

Manchmal schaue ich morgens im Netz bei www.TED.com vorbei. Diese Organisation führt seit 1984 regelmäßig Konferenz durch, auf der Menschen inspirierende Wege für unser Zukunft präsentieren und austauschen.

Heute hat mich ein Vortrag von Patrick Awuah inspiriert. Patrick Awuah hat in Ghana die Ashesi-Universität gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine neue Generation von Führungskräften so auszubilden, dass sie in der Lage sind, kreative Lösungen für die großen Probleme Afrikas zu entwickeln. Er ist ein großer Visionär mit viel Bescheidenheit. Wenn ich ihm zuhöre, kann ich spüren, welche Bodenständigkeit, Körperintelligenz und Herzenskraft Afrika in unserer Welt repräsentiert.

Er beschreibt in seinem Vortrag, dass Afrika an einem Punkt seiner Entwicklung angekommen ist, wo durch eine einzige Generation der Quantensprung in eine ethische Gesellschaft vollzogen werden kann – wenn die jungen Führungskräfte nur ein gute Ausbildung in ethischer Verantwortung und Integrität bekommen – Leadership matters. Ich weiß auf einmal: Wenn dieser Kontinent einen guten Weg findet, gewinnen wir alle etwas dazu.

Durch seine Liebe zu Afrika wird meinen Vision zu einem leidenschaftlichen Anliegen: Daran mitzuwirken, dass in Europa eine Generation von Führungskräften heranwächst, die in emotionaler Selbstführung, Mitmenschlichkeit und Integrität ausgebildet worden ist.

Nur durch Mitmenschlichkeit in der Führung können wir gemeinsam Lösungen entwickeln, die einerseits individuell angemessen und andererseits global wirksam sind.

Hast du auch einen Traum von Führung?

Was wir nicht alleine schaffen…

Ich bin im Auto unterwegs. Im Radio läuft mein persönlicher Favorit unter den Sendern – WDR 5. Am frühen Nachmittag: Lilipuz – Das Radio für Kinder. Ein Mädchen ist am Telefon und hat einen Musikwunsch: Was wir alleine nicht schaffen – von Xavier Naidoo. Ich singe begeistert mit und lasse mich von den Rap-Frequenzen bewegen. Ich kann es kaum glauben: Ein 10-jähriges Mädchen hat sich diesen Text gewünscht.

Anschließend erzählt der Redakteur, dass dieses Lied zu den am häufigsten gewünschten Songs bei Lilipuz gehört.

Die jungen Generationen wissen es also längst: Die Zeit der einsamen Wölfe ist vorbei. Alles was jetzt wirkt, ist gemeinsam bewirkt. Beim Fahren wachsen mir Flügel der Freude.

Ich bin in den 50gern geboren. Die meisten meiner Generation haben gelernt, zu beweisen, dass sie niemanden brauchen. Dieser Stolz – gepaart mit Neid – hat uns Jahrzehnte von Konkurrenz und Isolation beschert. Für viele, die nach dem Krieg geboren sind, bedeutet das Eingestehen von Schwächen und das Bitten um Hilfe einen emotionalen Super-Gau. Die Beweiskraft, die uns geprägt hat, hat uns getrennt – vor allen von den Generationen vor uns und nach uns.

Bei den Jungen erlebe ich eine große Selbstverständlichkeit im Umgang mit den eigenen Handicaps. Sie wissen, was sie nicht können – manchmal zu gut. Sie können gut um Hilfe bitten. Wenn sie jemanden finden, der sich von Herzen für sie interessiert, verbinden sie sich und lernen schnell – von ihm und am liebsten mit ihm. Sie achten die Erfahrungen der Älteren und verfügen über das Selbstvertrauen, sie mit ihren eigenen Fragen zu inspirieren.

Für sie und mit ihnen ist generationsübergreifendes Lernen möglich – in beide Richtungen. Jetzt kommt es darauf an, ob wir die Chance zur Kombination nutzen.

Was wir nicht alleine schaffen, schaffen wir dann zusammen.

Ich bin vor Freude völlig aus dem Häuschen: Endlich sind wir reif für das, wovon ich immer getr äumt habe.

Ansteckende Kreativität

In meiner Supervisionsgruppe für Lehrer erzählt Peter von TED. Der Vortrag über Kreativität von Ken Robinson habe ihn wie ein ICE-Zug getroffen. Kurze Zeit später sitzen wir gemeinsam vor dem Bildschirm und lauschen dem Videoclip. Immer wieder nicken alle oder lachen. Robinson spricht mit ansteckender Begeisterung und Humor von dem, was ihn bewegt: Ohne Kreativität verkümmert jede Intelligenz und damit jede Form der Bildung zur Mittelmäßigkeit.

Es gibt Menschen, die kommen erst in Bewegung auf die wichtigen Gedanken. Wir lernen 10 Jahre lang Mathe – auch wenn wir keine mathematische Begabung haben. Warum lässt man uns nicht gleichzeitig 10 Jahre lang tanzen – wo wir doch alle einen Körper haben?

Kein Wunder, dass so viele Kinder ADHS haben… Sie dürfen sich einfach nicht genug bewegen.

Auf Grund dieses TED Talks hat Peter als Schulleiter angeordnet, jede Art von kreativen Aktivitäten in seiner Schule zu unterstützen. Ein Zirkusprojekt wurde angeregt und ein Kurs für Improvisation + Theater ins Leben gerufen… Ein kreatives Schulfest mit 1200 Schülern wurde ein riesiger Erfolg.

Worte wirken. Unkonventionelle Weg stecken an.

Von der Intelligenz, einfach zu werden

Es gibt Aspekte, die in unserer Kultur zur Intelligenz gehören, aber in anderen Gesellschaften als Dummheit bezeichnet werden: Schnelligkeit zum Beispiel. Langsamkeit bedeutet bei den Bataro in Uganda: erst mal hinhören, abwägen, noch mal nachdenken, in sich gehen, dem anderen helfen, sein Gesicht zu wahren, wenn er sich irrt. Nur der Langsame ist hier wahrhaft intelligent und mitmenschlich.

Mein Neffe Julian hat ein so großes Interesse an der Welt und am Lernen, dass er bereits als Erstklässler zu den Besten der 2. Klasse gehört. Er ist einfach gut eingebunden in ein soziales Netz, neugierig und welthungrig… Der Vorschlag der Lehrerkonferenz, ihn eine Klasse überspringen zu lassen, hat bei seinen Eltern erst einmal Verunsicherung ausgelöst.

Nach 3 Wochen kommt Julian von der Schule und informiert seine Eltern: ‚Ich habe jetzt alles mit den Lehrern besprochen… weil ihr nicht wisst, wie ihr entscheiden sollt. Ich gehe im August in die 3. Klasse.’ Ich liebe meine Schwester und ihren Mann dafür, dass sie staunend der Wahl ihres Sohnes folgen.

Der Zen-Lehrer Richar Baker-Roshi hat einmal gesagt: ‚Der Intelligenzquotient ist für mich ein Maßstab für die Zeit, die jemand braucht, um wieder einfach und gewöhnlich zu werden.‘

Was für eine Weisheit des Einfachen.