Als Birgit-Rita Reifferscheidt mir dieses Buch ans Herz legte, steckte ich mitten in einem eigenen schmerzlichen Wahrheitsprozess. Ich mußte mir eingestehen, dass ich vor lauter Aktionismus meine eigenen Bedürfnisse vergessen hatte. Selbst-loses Handeln hatte für mich auf einmal einen schalen Beigeschmack – und eine alarmierende Bedeutung. Wenn ich wirksam sein wollte, musste ich mein eigenes Selbst ins Spiel bringen und lebendig halten.
Der Krieg der Scheinheiligkeit kam also gerade recht. Das Ringen von Thomas Druyen um die eigenen Wahrhaftigkeit konnte ich in jeder Zeile seines Buches mitfühlen – und teilen. Druyen ist Professor für Vermögenskultur an der Sigmund Freud Universität in Wien. Unter die Fülle seiner Erfahrungen mit den Reichen und Mächtigen zieht er hier einen Strich. Und enttarnt die Scheinheiligkeit in Hilfsorganisationen, Wirtschaft und Politik. Aber eben auch in sich selbst.
So ist ein mutiges Buch entstanden. Immer wieder – eigentlich bis ans Ende – tun seine Worte weh. Einfach weil sie wahr sind. Dass ein Professor so offen über seine Selbst-Prozessen spricht, ist in Deutschland ungewöhnlich. Sobald wir mit uns selber ehrlich werden, beginnt ein schmerzlicher Prozess der Enttarnung. Dann fängt die Wahrheit an zu brennen – mitten in uns. Und dieses Feuer ist nicht mehr so einfach zu löschen…
Es bewegt mich, wie der Autor versucht, eine Brücke zwischen dem Politischen und dem Persönlichen zu bauen, zwischen dem Spirituellen und dem Konkreten. Vielleicht weil ich mein ganzes Leben lang immer nach solchen Brücken gesucht habe und inzwischen selber Wege in die Wirksamkeit entwerfe. Der eklatante Mangel an Selbst-Wissen und Selbst-Bewusstsein, vor allem bei denen, die über die Macht verfügen, für andere zu entscheiden und zu handeln, hat mich immer wieder zornig gemacht – und wachgerüttelt.
Thomas Druyen plädiert in diesem Buch für eine Form der Verantwortung, die mit ehrlicher Selbsterforschung beginnt. Sie ist für ihn die Voraussetzung dafür, dass gesellschaftliches Handeln konkret werden kann – ohne scheinheilig oder zynisch zu sein. Seine Vision ist ein vereinter Menschenverstand. Er plädiert für ein Welt-Gremium, dass die Ziele vertritt, die für alle Menschen, aller Kulturen, alle politischen System gleichermaßen wertvoll sind.
Ich wünsche uns, dass Thomas Druyen die Möglichkeit bekommt, als internationaler politischer Berater tätig zu werden – als Mahner und Erinnerer. Als jemand, der auf das achtet, was nicht vergessen werden darf. Der die Fragen stellt, die wehtun, weil es auf sie keine schnellen Antworten gibt. Der auf die Probleme hinweist, die wie Feuer unter unserer Haut brennen, und für deren Lösung es unsere solidarische Vielfalt und gemeinsame Kreativität braucht. Einen vereinten Menschenverstand eben.
Dorthin wo Thomas Druyen mit seinem Buch weist (Selbsterforschung), fängt unser Buch an. Wo er für den vereinten Menschenverstand eintritt, sprechen wir vom kreativen Wir. Mal sehen, wann und wo wir uns treffen…
Liebe Christiane – danke für diese Rezension, die mich so sehr angerührt hat, dass ich sofort das Buch bestellt habe. Bei wach rütteln fällt mir immer das Bild ein, dass ein Rütteln am Baum nur dann nützt, wenn die Früchte reif sind und zu Boden fallen können – andererseits sind die Früchte am eigenen Baum oft reif und man vergisst zu rütteln, weil man zu sehr in der Verantwortung für Andere steckt …. Freue mich sehr auf das Buch und den „Zufall“, es über Deine Rezension entdeckt zu haben. Liebe Grüße Bernd
Lieber Bernd – deine spontante Reaktion auf meine Buch-Rezension freut mich und bewegt mich. Jetzt bin ich gespannt, welche Früchte deines Baumes DIR beim Lesen in den Schoß fallen… Ich freu mich auf ein Feedback von dir – vielleicht hier.
Liebe Christiane – es hat eine Weile gedauert. Immer wieder musste ich das Buch zwischendurch beiseite legen – es löst so gewaltige Gefühle in einem aus, dass es eben manchmal nicht mehr auszuhalten ist. Nachdem ich es in Ruhe zu Ende gelesen habe bleibt ein Gefühl wie „Achterbahn fahren“. Ein Wechselspiel aus Ärger, Wut und Irritation einerseits und Begeisterung, Zustimmung ja fast liebevoller Zuneigung andererseits. Wenn das vom Autor so beabsichtigt war, dann hat er sein Ziel erreicht. Für mich wird das Buch besser, je weiter es ans Ende geht und die beiden Nachworte sind für mich die eigentlichen Highlights des Buches. Ich gebe zu, dass ich normalerweise dieses Buch nach den ersten 20-30 Seiten nicht weitergelesen hätte, weil mich die wütende Populistik, der professorale Zeigefinger und die dozierende Besserwisserei am Anfang gehörig genervt haben. Deine Rezension liebe Christiane hat mich angetrieben weiter zu lesen, um das zu finden, was Du beschrieben hast. Dazu ist es wirklich notwendig weit in das Buch vorzudringen und die vielen Sprechblasen, die er eben auch von sich gibt (Kostprobe gefällig: „Wir müssen heute so handeln, wie wir morgen leben wollen – wir brauchen eine globale Architektur des gemeinsamen Aufbaus“) einfach zu ignorieren, um die eigentlichen Botschaften und die persönliche Betroffenheit zu erkennen. Da stößt man dann auf so wichtige Sätze wie „Wer wirklich zur Besinnung kommen will, muss zuerst den Kampf mit dem scheinheiligen inneren Schweinehund gewinnen“ oder „Die Freiheit von der Meinung anderer und von den eigenen Meinungen bedeutet, sich selbst als konkrethischen Ausgangspunkt wertzuschätzen“. Dass wir dabei den Holon der Angst überwinden müssen leuchtet ein – dass er das Medium selbst benutzt, um seinen Aussagen Nachdruck zu verleihen (z.B. bei seinen Horrorszenarien zum Thema virtuelle Welt) zeigt dann eben auch den Menschen Druyen. Es ist ein Buch der Analyse und der detaillierten Diagnostik – eine messerscharfe Zusammenfassung des status quo. Dass daneben seine Vorschläge zur Konkrethik und des gesunden Menschenverstandes als Appelle und wenig konkrete Handlungsempfehlungen erscheinen ist – wie am Ende des Buches zu erfahren ist – nicht nur vom Autor so beabsichtigt, sondern auch im Sinne seines Credos notwendig. Nur wenn wir bei uns selbst anfangen, tief in uns eintauchen und der eigenen Wahrheit ins Gesicht schauen, nicht auf Rezepte und Lösungen anderer warten, sondern im Wissen, dass „ich selbst der Gärtner bin“ mein eigenes Handeln „dem gesunden Menschenverstand“ anvertraue, dann habe ich selbst und damit auch unsere Gesellschaft die Chance……. Liebe Grüße Bernd
Das Gefühl, beim Lesen dieses Buches eine Achterbahn fahren, kann ich sehr gut nachvollziehen. So ist es mir auch gegangen. Es ist eckig und kantig, persönlich eingefärbt und leidenschaftlich parteiisch. Aber es ist ein Plädoyer – und kein Weg der Praxis. In meiner eigenen Arbeit ist mir gerade die praktische Umsetzung von Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit wichtig – gerade bei denen, die vorgehen… Da zählt das, was verkörpert ist. Wenn Worte Fleisch geworden sind, bekommen sie Wirkung. Dazu braucht es konkrete Schritte der Selbstführung und der praktischen Verwirklichung. Es ist ein gutes Gefühl, mit diesem Vermögen anschlussfähig zu sein – und sich mit einem der nächsten Schritte (auf dem Weg) auszukennen.