Ich kann mich noch sehr gut an die Zeiten erinnern, als Getrenntsein das Grundgefühl meines Lebens war. Ganz gleich ob ich in meiner Familie, unter Freunden oder Fremden war, ich habe mich nicht wirklich dazugehörig gefühlt. Für mich, die aus der Fremde kam, war Verbundenheit der Inbegriff von Freiheit und Führung beschrieb die Fähigkeit, immer wieder einzubeziehen, was unverbunden geblieben ist. Unabhängigkeit war für mich ein Fluch, in den ich mich geflüchtet habe, um die Verletzlichkeit, die Nähe und Kontakt mit sich bringen, nicht erleiden zu müssen.
Jetzt bin ich am anderen Ende angekommen. Ich stelle fest, dass ich mich nicht mehr trennen kann. Nicht mehr von meiner eigenen oder unserer gemeinsamen Geschichte. Nicht mehr von Erfahrungen, die ich nicht machen möchte. Nicht mehr von Menschen, die mich kränken und bekämpfen. Nicht mehr von denen, die sich durch Andersartigkeit nicht befruchten lassen (und davon gibt es leider immer noch sehr viele).
Im Zeitalter meiner lang ersehnten inneren Globalisierung zeigt sich Freiheit nun als Erfahrung meiner eigenen Verwundbarkeit. Alles verbindet sich miteinander und es wächst ein inneres Netzwerk, in dem jedes Fühlen und Handeln in seiner Wirkung erfahrbar wird.
Jetzt beginnt Freiheit für mich dort, wo ich auch in konflikthaften Situationen in Kontakt gehen und bleiben können, statt ins Alleinsein zu flüchten. Wo ich mich zumute statt abwende. Wo ich mich aus Liebe riskiere, statt mich auf eine Autonomie zu berufen, die im Grunde aus Resignation geboren ist. Wo ich für ein solidarisches Miteinanders einstehe, statt den Anderen zur Bestätigung alter und längst verstaubter Erfahrungen zu benutzen.
Auf einmal erlebe ich, dass Unabhängigkeit immer eine Illusion war – aufgeblasen von Angst und Stolz. In Wirklichkeit sind wir unwiderruflich verbunden und Freiheit beginnt mit der Erfahrung unserer eigenen Verwundbarkeit.