Eine Mail aus Amerika

Gestern erhielt ich eine Mail von einem Freund aus den USA, der mir von seinen Gefühlen vor der Präsidentschaftswahl erzählt. Seit Jahren tritt er für einen demokratischen Wandel und für eine herzvolle Politik in seinem Land ein.

Ich kann mich sehr gut an jede der letzten US-Wahlen erinnern. Ich habe jedesmal vor dem Fernsehen gesessen und mitgezittert, getrauert oder gejubelt.

Bei der Wahl von Ronald Reagan (1981-1989) habe ich geweint. Ich war Mitte zwanzig und leidenschaftlich friedensbewegt. Reagan war überzeugter Antikommunist und glaubte an ein Gleichgewicht des Schreckens. Mit seiner Wahl habe ich damals gewußt, dass der Glaube an die Raketen noch für eine ganze Weile größer sein würde als die Vision einer mitmenschlichen Gesellschaft.

Bei der Wahl von Bill Clinton (1989-2001) habe ich gehofft, dass sein Kampf gegen Waffen, Drogen und Armut einen neuen Weg ermöglichen wird. Er kämpfte gegen die Staatsverschuldung und für eine allgemeine Krankenversicherung in den USA. Ihm blieben nur 4 Jahre – dann haben die Dotcom-Blase und die Lewinsky-Affäre sein Wirken als Präsident beendet.

Nach der Wahl von Georg H.W. Bush (1989-1993) und Georg W. Bush (2001-2009) war ich fassungslos, denn ich habe miterlebt, dass der Kampf gegen ausgewählte Feinde wichtiger war als Kooperation und Kommunikation.

Die Präsidentschaftswahlen in den USA waren in den letzten Jahrzehnten für mich wie ein Barometer der Welt. An ihr konnte ich ablesen, worauf sich die Aufmerksamkeit (Öffentlichkeit), das Geld (Unternehmen) und die Liebe (Menschen + Umwelt) richten werden.

Heute Nacht wird sich zeigen, ob sich mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten ein Tor in die Zukunft öffnet. Oder ob die alten Gedanken mächtiger sind – und Wandel noch Zeit braucht.

Heute Nacht werde ich wieder einmal vor dem Fernseher sitzen. Ich werde mitzittern, mitjubeln oder mitweinen.

Bist du auch da?

Kommentar schreiben